Erwerbsunfähigkeitsrente und Erwerbsminderungsrente

Voraussetzungen und Höhe bei Erwerbsunfähigkeit

Anja Glorius
Geschrieben von

Anja Glorius

Aktualisiert am

15. Oktober 2024

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mehrWert - Erwerbsminderungsrente

Kannst du aufgrund einer Erkrankung, einer Behinderung oder nach einem Unfall dauerhaft nicht mehr arbeiten, sorgt die Deutsche Rentenversicherung dafür, dass du nicht ohne Einkommen dastehst. Sie zahlt dir im Fall einer Berufsunfähigkeit eine sogenannte Erwerbsminderungsrente (ehemals Erwerbsunfähigkeitsrente) aus, die dein Erwerbseinkommen zumindest teilweise ersetzt.

Wie hoch die Erwerbsunfähigkeitsrente und die Erwerbsminderungsrente ausfallen, unter welchen Voraussetzungen du sie erhältst und was du tun musst, um sie zu erhalten, erfährst du hier.

Das Wichtigste auf einen Blick 

  • Teilweiser Ersatz deines Arbeitseinkommens: Die Erwerbsminderungsrente (früher Erwerbsunfähigkeitsrente genannt) erhältst du, wenn du aufgrund von Behinderung, Krankheit oder Unfall gar nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt arbeiten kannst 

  • Variable Rentenhöhe: Wie hoch deine Erwerbsminderungsrente im Fall einer Berufsunfähigkeit ausfällt, hängt davon ab, ob und wie lange du täglich noch arbeiten kannst und wie hoch deine bisher gesammelten Rentenansprüche sind

  • Rentenanspruch erst nach Wartezeit: Um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, musst du mindestens fünf Jahre lang in die ​gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben

Erwerbsminderungsrente: Was ist das eigentlich?

Kannst du nach einem Unfall oder aufgrund einer schweren Krankheit gar nicht mehr oder nur noch wenig arbeiten, hast du unter Umständen einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente (kurz: EM-Rente). Insgesamt haben in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen Anspruch auf die Rentenform, die bis 2001 Erwerbsunfähigkeitsrente genannt wurde. Erwerbsminderungsrentner stellen damit etwa 20 Prozent der Neurentner dar.

Die Erwerbsminderungsrente wird durch die Deutsche Rentenversicherung ausgezahlt und soll dein Arbeitseinkommen im Fall einer Berufsunfähigkeit ganz oder teilweise ersetzen. Damit du die Rente erhalten kannst, müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Voraussetzungen für den Bezug der Erwerbsminderungsrente

Um eine Erwerbsminderungsrente, ehem. Erwerbsunfähigkeitsrente, zu erhalten, musst du versicherungsrechtliche sowie medizinische Voraussetzungen erfüllen und eine festgelegte Wartezeit einhalten. Ob alle Voraussetzungen erfüllt sind, prüft die Rentenversicherung unter anderem anhand ärztlicher Unterlagen. Im Detail müssen für die Auszahlung der EM-Rente folgende Bedingungen erfüllt sein: 

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente

Eine Erwerbsminderungsrente kannst du erhalten, wenn du aus gesundheitlichen Gründen nur noch dazu in der Lage bist, weniger als drei Stunden täglich zu arbeiten. In diesem Fall zahlt dir die Deutsche Rentenversicherung die volle Erwerbsminderungsrente aus. Beachte jedoch: Bei der Beantwortung der Frage nach deiner Arbeitsfähigkeit kommt es nicht auf deinen aktuell ausgeübten Beruf an.

Vielmehr ist dein Rentenanspruch davon abhängig, ob du in – egal welchem Beruf – noch zumindest drei Stunden pro Tag arbeiten kannst. Die Deutsche Rentenversicherung prüft darum, ob du irgendeiner Tätigkeit für mehr als drei Stunden täglich nachgehen kannst.

Bist du noch dazu in der Lage, zwischen drei und sechs Stunden täglich in irgendeinem Beruf zu arbeiten, kann dich die Deutsche Rentenversicherung darauf verweisen, eine Teilzeitstelle anzunehmen. Allerdings erhältst du zusätzlich die halbe EM-Rente ausgezahlt. Findest du keine Teilzeitstelle, kannst du die volle Erwerbsminderungsrente beantragen.

Reha vor Erwerbsminderungsrente

Stellst du einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente, prüft die Rentenversicherung zum einen, wie stark deine Erwerbsfähigkeit aktuell eingeschränkt ist. Zum anderen prüft sie, ob sie durch geeignete Rehabilitationsmaßnahmen wiederhergestellt werden kann. Ist das der Fall, werden vorrangig entsprechende Reha-Maßnahmen finanziert, anstatt eine EM-Rente auszuzahlen. 

Kannst du mehr als sechs Stunden pro Tag arbeiten oder hast nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, hast du keinen Anspruch auf EM-Rente.

Eine weitere versicherungsrechtliche Voraussetzung für den Erhalt einer EM-Rente ist:
Du darfst die Regelaltersgrenze für den Erhalt der Altersrente noch nicht erreicht haben. Für Personen ab dem Geburtsjahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze aktuell bei 67 Jahren. Hast du die Altersgrenze erreicht oder überschritten, wirst du auf den Bezug einer regulären ​gesetzlichen Rente verwiesen.

Wartezeit

Einen Anspruch auf Zahlung der Erwerbsminderungsrente hast du nur, wenn du – neben den übrigen Voraussetzungen – die sogenannte „allgemeine Wartezeit“ erfüllst. Das bedeutet: Du musst vor der Beantragung deiner Erwerbsminderungsrente mindestens fünf Jahre gesetzlich rentenversichert gewesen sein.

Zur allgemeinen Wartezeit hinzugerechnet werden Zeiten, in denen du

Verkürzte Wartezeit bei Arbeitsunfall und Berufskrankheiten

Musst du Erwerbsminderungsrente beziehen, weil du aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit nur noch eingeschränkt erwerbsfähig bist, musst du dich nicht zwingend auf die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren verweisen lassen. In diesen Spezialfällen kann die Mindestversicherungszeit vorzeitig als erfüllt gelten.

Medizinische Voraussetzungen

Eine EM-Rente kannst du nur erhalten, wenn du aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten kannst. Ob das der Fall ist, wird von der Rentenversicherung geprüft.

Außerdem prüft die Versicherung, ob deine Arbeitsfähigkeit durch medizinische oder berufliche Reha-Maßnahmen wenigstens teilweise wiederhergestellt werden kann. Ist das nicht der Fall, erhältst du – je nachdem, wie stark deine Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist – die volle oder halbe Erwerbsminderungsrente.

Wie lange wird die EM-Rente gezahlt?

Erwerbsminderungsrenten werden regelmäßig befristet ausgezahlt. Der Befristungszeitraum richtet sich nach dem Zeitraum, der zur Wiederherstellung deiner vollen Erwerbsfähigkeit nötig ist. Allein dann, wenn es unwahrscheinlich scheint, dass sich dein Gesundheitszustand bessert, erhältst du eine unbefristete Erwerbsminderungsrente.

Endet die Befristung der Rentenzahlung, aber du kannst weiterhin nicht arbeiten, kannst du einen Folgeantrag stellen. Die Erwerbsminderungsrente wird dann erneut (befristet) bewilligt. Bedenke jedoch, dass die Bearbeitung deines Folgeantrags einige Zeit in Anspruch nimmt. Stelle deinen Folgeantrag daher rechtzeitig und etwa sechs Monate vor dem Ende der aktuellen Befristung.  

Wie hoch is die Erwerbsminderungsrente?

Die Höhe der Erwerbsminderungsrente richtet sich nach der Höhe der zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits erworbenen Rentenansprüche. Dabei gilt: Je länger du bereits in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hast und je höher deine Beiträge waren, desto höher ist auch dein Rentenanspruch. Individuelle Informationen über deine bereits erworbenen Rentenansprüche und die Höhe einer eventuellen EM-Rente findest du in der jährlichen Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung.

Im Zusammenhang mit der Erwerbsminderungsrente wichtig zu wissen:

Eine Erwerbsminderung tritt durchschnittlich im Alter von 50 Jahren ein. Die meisten Menschen haben zu diesem Zeitpunkt nur geringe Rentenansprüche erworben. Entsprechend niedrig wird die Erwerbsminderungsrente ausfallen. Laut der Deutschen Rentenversicherung betrug die im Jahr 2021 durchschnittlich gezahlte volle Erwerbsminderungsrente 936 Euro monatlich.

So wird die EM-Rente beantragt

Erwerbsminderungsrente kannst du erst ab dem siebten Monat nach Eintritt deiner Erwerbsminderung beantragen. Bis zu diesem Zeitpunkt erhältst du Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse. Hast du nicht in die gesetzliche Krankenversicherung eingezahlt (etwa, weil du selbstständig tätig warst), kannst du vergleichbare Leistungen von deiner ​​privaten Krankentagegeldversicherung erhalten, falls du eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hast.

Bedenke bitte, dass es regelmäßig einige Zeit dauert, bis die Deutsche Rentenversicherung deinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bearbeitet. Du solltest deine EM-Rente daher bereits etwa drei Monate, ab dem du alle Voraussetzungen (von der siebenmonatigen Wartezeit abgesehen) erfüllst, beantragen.

Bei der Beantragung der Erwerbsminderungsrente verlangt die Rentenversicherung folgende Angaben und Unterlagen von dir:

Informationen zu allen erforderlichen Unterlagen findest du bei​​ der Deutschen Rentenversicherung. Benötigst du Hilfe beim Ausfüllen deines Antrags, bekommst du diese kostenlos in den Beratungszentren der Deutschen Rentenversicherung.

Was tun, wenn der Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt wird?

Die Deutsche Rentenversicherung lehnt fast jeden zweiten Antrag auf EM-Rente ab. Erhältst du einen Ablehnungsbescheid, kannst du innerhalb eines Monats Widerspruch gegen ihn einlegen. Achte darauf, deinen Widerspruch per Einschreiben zu übersenden. Außerdem ist es wichtig, dass der Widerspruch innerhalb der Monatsfrist bei der Rentenversicherung eingeht. Benötigst du Hilfe bei der Begründung deines Widerspruchs, hilft dir ein Fachanwalt für Sozialrecht.

Darf ich etwas zur Erwerbsminderungsrente hinzuverdienen?

Beziehst du Erwerbsminderungsrente, darfst du etwas hinzuverdienen. Allerdings musst du dich dabei an folgende Hinzuverdienstgrenzen halten:  

Erwerbsminderungsrente durch private Vorsorge aufstocken

Beziehst du Erwerbsminderungsrente, stellt sie im Vergleich zu deinem gewohnten Einkommen eine finanzielle Verschlechterung dar. Die meisten Menschen, welche die EM-Rente erhalten, können ihren Lebensstandard nicht halten.

Um für den Fall der Fälle vorsorgen hast du die Möglichkeit, ​eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Anders als die staatliche Erwerbsminderungsrente bekommst du Leistungen deiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung bereits dann, wenn du in deinem aktuell ausgeübten Beruf nicht mehr arbeiten kannst. Der Versicherer verweist dich nicht darauf, einen anderen Beruf auszuüben. Stattdessen kannst du im Falle einer Berufsunfähigkeit bereits dann Leistungen erhalten, wenn du deinen aktuellen Beruf nur noch zu höchstens 50 Prozent und für mindestens sechs Monate nicht mehr ausüben kannst.

Die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente, die dein Versicherer im Fall der Berufsunfähigkeit zahlt, wird individuell vertraglich vereinbart – du kannst die Höhe also selbst aktiv mitbestimmen. Deine private Berufsunfähigkeitsrente wird dir außerdem zusätzlich zur gesetzlichen Erwerbsminderungsrente ausgezahlt

Staatliche Absicherung privat aufstocken

Bist du aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund eines Unfalls nicht mehr in der Lage zu arbeiten und hast mindestens fünf Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, erhältst du von der Deutschen Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente. Oft reicht die Erwerbsminderungsrente aber nicht aus, um deinen Lebensstandard zu halten. Du solltest daher zusätzlich mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung für den Ernstfall vorsorgen.

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Häufig gestellte Fragen zur Erwerbsunfähigkeitsrente und Erwerbsminderungsrente

Die Erwerbsminderungsrente (ehemals Erwerbsunfähigkeitsrente) ist nicht an das Vorliegen bestimmter Krankheiten geknüpft. Sie wird dann gezahlt, wenn du aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dazu in der Lage bist, mehr als sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.  

Die Funktionsweise der Berufsunfähigkeitsversicherung gestaltet sich je nach Durchführungsweg anders. Es gibt insgesamt sechs Durchführungswege. Das grundsätzliche Prinzip ist trotzdem, dass während der Ansparphase Beiträge eingezahlt werden: vom Arbeitnehmer, vom Arbeitgeber oder von beiden. Beim Eintritt in das Rentenalter wird dann die finanzielle Leistung erbracht: entweder als Kapitalauszahlung oder als lebenslange Rente.

Die Erwerbsminderungsrente wirkt sich nicht auf die Altersrente aus. Beide Rentenarten schließen einander aus. Das heißt: Du kannst entweder Erwerbsminderungs- oder – wenn du das Rentenalter erreicht hast – Altersrente beziehen.

Ja. Beziehst du eine Erwerbsminderungsrente, wird diese mit Erreichen des Rentenalters automatisch in ein Altersruhegeld umgewandelt.