ESG vs. ESGI
ESG vs. ESGI – Nachhaltigkeitssiegel im Vergleich
mehrWert Redaktion
16. November 2023
Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden immer bedeutender. Das gilt auch in der Finanzwelt: Für private sowie für institutionelle Anleger werden grüne Nachhaltigkeitssiegel bei ihren Investitionen immer wichtiger. Durchgesetzt haben sich dabei insbesondere die Label ESG und ESGI. Was die beiden Siegel ausmacht, wie sie von Ratingagenturen vergeben werden und wie sie sich voneinander unterscheiden, zeigen wir dir jetzt.
ESG und ESGI: Was die Abkürzungen bedeuten
Hinter den Buchstaben ESG und ESGI verbergen sich Bewertungsstandards, die sich rund um Unternehmen sowie nachhaltige Geldanlagen etabliert haben. Jeder Buchstabe steht dabei für ein Kriterium oder eine Eigenschaft, welche bei der Bewertung der Nachhaltigkeit von Ratingagenturen zu berücksichtigen sind. Anhand der Kriterien oder Eigenschaften bewerten die Agenturen, wie nachhaltig ein Unternehmen, ein Fonds oder eine andere Geldanlageform ist.
Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang: ESG stellt einen älteren Bewertungsstandard und quasi ein „Basis-Bewertungssystem“ dar. Die ESG-Kriterien sind daher teilweise deckungsgleich mit den ESGI-Kriterien. Allerdings erweitert ESGI die Nachhaltigkeitsbeurteilung um einen wichtigen Punkt.
Im Detail bedeutet das:
ESG
Die Abkürzung ESG steht für folgende drei nachhaltigkeitsbezogene Bereiche, die zur Messung der Nachhaltigkeit von Fonds, ETFs und anderen Geldanlagen bzw. Unternehmen herangezogen werden:
„E“ für Environment (Umwelt)
„S“ für Social (Soziales)
„G“ für Governance (Unternehmensführung)
ESGI
Die Buchstaben ESGI stehen teilweise für Bewertungsaspekte, die auch vom ESG-Modell umfasst sind. Allerdings erweitert ESGI das Beratungsspektrum um einen wichtigen Punkt. Die Buchstaben stehen daher für
„E“ für Environment (Umwelt)
„S“ für Social (Soziales)
„G“ für Governance (Unternehmensführung) und
„I“ wie Innovation
Das ESGI-Bewertungssystem basiert auf dem älteren ESG-Rating und erweitert es. Es wurde von den Anlage-Experten Andreas Beck und Lucas von Reuss erarbeitet und soll durch die Berücksichtigung des Kriteriums „Innovation“ bisherige Bewertungsmethoden vervollständigen.
Die bisherige Bewertung nach dem ESG-System
Ratingagenturen, die sich auf die Bewertung von Unternehmen und Geldanlagen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten spezialisiert haben, können das Label “ESG” vergeben. Eine Vergabe findet statt, sofern das Verhalten von Unternehmen beziehungsweise Unternehmen, die in einem ETF oder Fonds vertreten sind, in den Bereichen Environment, Social und Governance als nachhaltig eingestuft werden kann.
Wie nachhaltig Unternehmen in den drei Bereichen agieren, wird folgendermaßen bewertet:
Environment:
In diesem Bereich wird bewertet, wie umweltfreundlich sich Unternehmen verhalten und welche Klimaschutzstrategie sie verfolgt. Außerdem wird darauf geachtet, ob sie ein effektives Ressourcenmanagement verfolgen, auf erneuerbare Energien setzen und Luft- und Wasserverschmutzungen vermeidenSocial:
In diesem Bereich wird bewertet, ob Unternehmen ihre Arbeitnehmer fair behandeln, ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten bieten und Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten achten. Außerdem wird die Förderung der Mitarbeitergesundheit sowie die Arbeitsplatzsicherheit berücksichtigtGovernance:
In diesem Bereich wird bewertet, ob Unternehmen Maßnahmen gegen Korruption und wettbewerbswidriges Verhalten ergreifen. Außerdem wird das Risikomanagement und das Verhalten hinsichtlich der Steuertransparenz berücksichtigt
Die folgende Grafik verdeutlicht, welche Bereiche im Rahmen der ESG-Bewertung berücksichtigt werden: Wie nachhaltig Unternehmen in den drei Bereichen agieren, wird folgendermaßen bewertet:
Darum ist das bisherige Bewertungssystem problematisch
Für private sowie institutionelle Anleger spielen die Nachhaltigkeitsbewertungen der Ratingagenturen eine wichtige Rolle. Schließlich sind vergebene Siegel oft die einzigen Orientierungspunkte, wenn es um das Identifizieren nachhaltiger Investments geht. Allerdings ist das bisher verwendete ESG-Rating aus mehreren Gründen nicht unproblematisch:
Mit dem bisher verwendeten ESG-Nachhaltigkeitsrating und dem darauf basierenden Siegel werden lediglich die aktuell vorhandenen Nachhaltigkeitsbemühungen von Unternehmen vergleichbar gemacht. Das bedeutet: Ratinganbieter, wie das US-Unternehmen MSCI, bewerten ausschließlich den Ist-Zustand von Firmen bezüglich ihrer Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsbemühungen. Ob Unternehmen auf nachhaltige Innovationen, grüne Patente und zukunftsorientiertes Handeln setzen, wird nicht berücksichtigt.
ESG vs. ESGI: Neues Bewertungssystem schließt Ratinglücke
Investitionen in nachhaltig handelnde Unternehmen sind sowohl für kleine als auch institutionelle Anleger wichtig. Dabei sind insbesondere solche in Firmen, die auf grüne Innovationen setzen, lohnend und interessant. Für alle Anlegergruppen ist es daher wichtig, Unternehmen zu identifizieren, die nicht nur bereits heute auf Nachhaltigkeit setzen, sondern auch grüne Innovationen vorantreiben.
Dabei jedoch problematisch: Ratingagenturen, die das ESG-Siegel vergeben, setzen lediglich auf die aktuelle Öko- und Sozialbilanz von Unternehmen. Ob die bewerteten Unternehmen grünen Fortschritt und nachhaltige Patente vorantreiben, spielt hingegen keine Rolle. Das ist bedenklich, da es gerade solche Bemühungen sind, die unter anderem die Erreichbarkeit von Umweltzielen möglich machen.
Um diese Ratinglücke zu schließen, haben Andreas Beck und Lucas von Reuss das alternative Ratingmodell ESGI geschaffen, das eine zukunftsorientierte Nachhaltigkeitsbewertung ermöglicht. Das gelingt, indem die bekannten ESG-Kriterien um das Element „Innovation“ ergänzt werden. So wird sichergestellt, dass nur Unternehmen, die jetzt nachhaltig handeln, aber auch auf grünen Fortschritt setzen, das Siegel erhalten.
Darauf kommt es bei ESGI an
Neben den Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung wird bei der Bewertung nach ESGI auch der Bereich „Innovation“ einbezogen. Im „Wettbewerb“ ESG vs. ESGI punktet das neue Bewertungssystem daher mit umfassenderen Nachhaltigkeitskriterien.
Im Bereich Innovation berücksichtigt wird bei der Bewertung insbesondere, ob Unternehmen auf „grüne Patente“ – also umweltfreundliche und sozial verträgliche Patente und Weiterentwicklungen – setzen. Schließlich sind es gerade solche Bestrebungen, welche die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen fördern.
Ob ein Unternehmen auf grüne Innovation setzt, wird durch eine Auswertung von Patentdatenbanken ermittelt. Patentdatenbanken sind öffentlich einsehbar und geben Aufschluss über patentierte Erfindungen. Durch eine Analyse der Datenbanken lässt sich herausfinden, welche Unternehmen an grünem Fortschritt arbeiten, diese umsetzen wollen und auf diese Weise zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen beitragen.
Der ESGI-Ansatz nach Beck und von Reuss beurteilt so nicht allein den Ist-Zustand im Nachhaltigkeitsbereich, sondern identifiziert gezielt Firmen, die konkrete Lösungen für Nachhaltigkeitsprobleme anbieten oder die Lösungsentwicklung fördern.
ESGI hilft, wirklich grün zu investieren
Ratings von spezialisierten Agenturen sowie das ESG- und ESGI-Siegel helfen dabei, Investmententscheidungen zu treffen, die den eigenen ethischen Ansprüchen genügen. Darüber hinaus werden sie aber auch aus rechtlichen Gründen relevant. Aufbauend auf den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen und dem European Green Deal sind Unternehmen durch die Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und das Lieferantensorgfaltspflichtengesetz dazu verpflichtet, Stellung zu Nachhaltigkeistgesichtspunkten zu beziehen.
Das bedeutet: Mittlerweile sind nahezu alle größeren Unternehmen dazu verpflichtet, offenzulegen, ob beziehungsweise welche Schritte für mehr Nachhaltigkeit sie unternehmen. Auf Grundlage ihrer Auskünfte zu diesem Themenkomplex können sie das ESG-Label erhalten und in grüne Fonds oder ETFs aufgenommen werden.
Möchten Anleger allerdings in Unternehmen investieren, die nicht nur aktuell nachhaltig handeln, sondern auch in eine grünere Zukunft investieren, lohnt sich ein Blick auf das ESGI-Label. Börsennotierten Unternehmen, die das Siegel erhalten haben, werden etwa durch den Index “ESGI All World” abgebildet. Hier sind Unternehmen vertreten, die Umwelt- und Klimaschutz im Sinne der EU-Taxonomie bereits heute verfolgen, gleichzeitig aber auch in grünen Fortschritt investieren. „Grüner Fortschritt“ kann dabei beispielsweise in der Entwicklung alternativer Energieprodukte, grüner Patente oder dem Setzen auf das Thema Wasserstoff zu sehen sein.
Häufig gestellte Fragen zu den ESG vs. ESGI
ESGI – was bedeutet das?
ESGI ist ein Siegel, das nachhaltig agierenden, börsennotierten Unternehmen verliehen wird. Eine Rolle spielen dabei die Kriterien Umweltschutz (Environment), Soziales (Social), Unternehmensführung (Governance) und Innovation.
Was versteht man unter ESG?
ESG ist ein Nachhaltigkeitssiegel, das von spezialisierten Ratingagenturen an Unternehmen vergeben wird. Die Abkürzung steht für Environmental, Social and Governance und meint die Kriterien, die bei der Nachhaltigkeitsbewertung eine Rolle spielen.
ESG und ESGI – wie unterscheiden sich die Siegel?
Mit dem ESG-Label werden Unternehmen und Geldanlagen ausgezeichnet, die heute nachhaltig handeln und einen Beitrag zur Erreichung von Umweltzielen leisten. ESGI hingegen ist ein Label, das Unternehmen und Geldanlagen verliehen wird, die jetzt für Nachhaltigkeit stehen, zusätzlich aber auch auf grüne Innovation setzen.