Genussscheine
Genussscheine erklärt: Ihre Rolle im Anlageportfolio
Patrick Obacher
16. November 2023
Genussscheine sind sogenannte "nicht-geregelte Wertpapiere", die in der Praxis eine Mischung aus Aktien und aus Anleihen darstellen. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Aktie werden bei Genussscheinen jedoch keine Stimmrechte oder Eigentumsanteile an die Anleger ausgegeben. Dennoch bieten Genussscheine verschiedenste Vorteile, die sie für einige Anleger interessant machen könnten. Allerdings sollte man sich auch im Klaren über die Risiken sein.
Wie Genussscheine in der Praxis funktioniert
Genussscheine werden in der Praxis von Unternehmen ausgegeben, um sich Kapital zu beschaffen. Sie sind also eine Form der Unternehmensfinanzierung. Im Gegensatz zu Aktien, die ebenfalls oft aus diesem Grund ausgegeben werden, werden aber bei den Besitzern von Genussscheinen keinerlei Stimmrechte oder Eigentumsanteile an die Anleger vergeben. In der Praxis funktioniert die Herausgabe von Genussscheinen folgendermaßen: Ein Unternehmen, das frisches Kapital für sein Wachstum benötigt, gibt Genussscheine heraus.
Dabei legt das Unternehmen verschiedenste Parameter und Kennzahlen fest. Darunter fällt die jährliche Genussrechtsdividende, die Laufzeit und eventuelle Sonderrechte. Diese werden in der Regel in einem Emissionsprospekt veröffentlicht. Daraufhin werden sie an der Börse zum Kauf angeboten. Interessierte Anleger können diese an der Börse erwerben und in ihr Portfolio mitaufnehmen. Das Unternehmen erhält somit das benötigte frische Kapital. Die Anleger erhalten hingegen in der Regel eine jährliche Genussrechtsdividende. Diese bildet zwar eine regelmäßige Einnahmequelle, ist aber in den meisten Fällen niedriger als die herkömmlichen Dividenden, die die Aktionäre erhalten.
Zu beachten ist dabei, dass die Besitzer im Gegensatz zu den Aktionären auch keinerlei Stimmrecht auf der Hauptversammlung haben. Somit ist es ihnen nicht möglich, Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen. Die Chance der Anleger von Genussscheinen besteht darin, von der Wertentwicklung des Unternehmens zu profitieren, da der Wert der Genussscheine im Laufe der Zeit steigen kann. Zusätzlich gewährt das Genussrecht, dass die Anleger einen Anspruch auf einen regelmäßigen Cashflow. Die Finanzierungsstruktur kann jedoch vom herausgebenden Unternehmen auch verändert werden. Denn nach Ablauf der Laufzeit eines Genussscheins kann das Unternehmen entweder den Anleger ausbezahlen oder diesen in eine Stammaktie umwandeln. Damit gingen dann auch alle herkömmlichen Aktionärsrechte einher.
Worauf bei Genussscheinen besonders geachtet werden muss
Bevor du Geld in Genussscheine investierst, ist es zunächst wichtig, dass du dich umfassend über das jeweilige Wertpapier informierst. Dies kannst du am besten tun, indem du den Emissionsprospekt sorgfältig durchliest. Im Gegensatz zu Aktien, ETFs oder Anleihen, haben die Emittenten nämlich recht große Gestaltungsfreiheit bei der Herausgabe der Genussscheine. Es gibt hier nämlich weit weniger gesetzliche Einschränkungen als in den meisten anderen Assetklassen.
Einige der sich im Umlauf befindenden Genussscheine werden daher sogar dem sogenannten "grauen Kapitalmarkt" zugeordnet. Das bedeutet, dass sie nicht der regulären Finanzaufsicht unterliegen, wie das bei Anleihen oder Aktien der Fall ist. Das ist insbesondere bei Genussscheinen, die OTC (Over the Counter = außerbörslicher Handel) gehandelt werden. Hier kann zum Beispiel das Liquiditätsrisiko sehr groß sein. Aber es können sich auch andere Probleme einstellen. Daher ist es wichtig, dass du dich vor einem Investment über den jeweiligen Genussschein informierst.
Die Möglichkeiten der Unternehmen zur Ausgestaltung der Genussscheine
Wie bereits angerissen, haben die Unternehmen recht freie Hand bei der konkreten Ausgestaltung der Genussscheine. Es gibt hier auch relativ wenig gesetzliche Rahmen, wodurch es in der Praxis vorkommen kann, dass zwei Genussscheine, die zu verschiedenen Zeiten vom selben Unternehmen ausgegeben wurden, vollkommen anders aufgesetzt sind.
Beispiele zur Ausgestaltung von Genussscheinen:
Genussscheine können eine feste Laufzeit haben, wie eine Anleihe, oder auch unbegrenzt laufen.
Sie können eine feste, oder eine variable Verzinsung haben. Beides hat für den Anleger Vor- und Nachteile. Hätte man vor 4 Jahren einen variabel verzinsten Genussschein gekauft, hätte man bei den derzeit steigenden Zinsen viel Freude damit.
Zudem können sie eine Mindestverzinsung haben, oder eine vom Unternehmenserfolg und -ergebnis abhängige Verzinsung.
Bei manchen Genussscheinen kann sogar eine Beteiligung am Verlust des Unternehmens festgelegt werden. Diese Beteiligung kann das gesamte eingesetzte Kapital umfassen!
Zudem können Genussscheine ein Wandlungs- und/oder Optionsrecht beinhalten.
Die Chancen und Risiken von Genussscheinen
Genussscheine können sowohl für Unternehmen als auch für Anleger große Vorteile mit sich bringen. Unternehmen profitieren wie bereits erwähnt von der Finanzierungsmöglichkeit, die sich ihnen dadurch bietet. Da du aber höchstwahrscheinlich kein Dax-Konzernmanager bist, sondern wahrscheinlich eher ein Privatanleger, gehen wir im Folgenden eher auf die Chancen und Risiken für Anleger ein.
Vorteile von Genussscheinen
Regelmäßiger Cashflow: Genussscheine mit Verzinsung geben Anlegern die Möglichkeit, ein passives Einkommen zu generieren. Gerade bei einer festen Verzinsung kann diese im Gegensatz zu einer herkömmlichen Dividende auch nicht einfach mal so gesenkt werden, weil es der Unternehmensvorstand für richtig hält.
Diversifikation: Genussscheine können ein Portfolio mit Fonds, ETFs oder Aktien hervorragend ergänzen. Vor allem im Rahmen von Einkommensstrategien, die auf einen regelmäßigen Cashflow abzielen.
Optionsrecht: Genussscheine mit Optionsrecht können zu hohen Kursgewinnen führen, wenn der Aktienkurs des Unternehmens nach Ende der Laufzeit deutlich gestiegen ist.
Trotz der zahlreichen Vorteile, die Genussscheine dir bieten können, gibt es natürlich auch einige Risiken, über die du dir im Klaren sein solltest.
Risiken von Genussscheinen
Insolvenzrisiko: Im Falle einer Insolvenz haben Inhaber von Genussscheinen im Regelfall niedrigere Ansprüche als Gläubiger oder Aktionäre. Einfach ausgedrückt: Der Anleger mit dem Genussschein wird zuletzt ausbezahlt. Das Risiko für den Kapitalverlust wäre in diesem Fall also höher als für einen gewöhnlichen Aktionär.
Liquiditätsrisiko: Der Markt für Genussscheine ist deutlich kleiner als die regulären Anleihe- oder Aktienmärkte. Das bedeutet, dass du sie im schlimmsten Fall nicht sofort verkaufen kannst, falls du dein Kapital schnell benötigst.
Regulatorisches Risiko: Wie erwähnt, werden Genussscheine deutlich schwächer reguliert als Aktien und Fonds. Zudem haben Unternehmen große Gestaltungsfreiheit bei der Herausgabe. Wir wiederholen uns in Artikeln eigentlich ungern, aber hier ist es wichtig: Wir empfehlen dir vor jedem Kauf eines Genussscheins den Emissionsprospekt aufmerksam durchzulesen!
Häufig gestellte Fragen zu Genussscheinen
Was ist der Unterschied zwischen einer Aktie und Genussscheinen?
Eine Aktie gibt dem jeweiligen Aktionär ein Stimmrecht auf der Hauptversammlung, da er mit Besitz der Aktie faktisch Mitbesitzer des jeweiligen Unternehmens ist. Ein Genussschein ähnelt mehr einem Schuldschein, oder in dieser Hinsicht auch einer Anleihe.
Welche Vorteile haben Genussscheine?
Genussscheine haben viele Vorteile. Unternehmen profitieren davon, dass sie sich über die Genussscheine frisches Kapital beschaffen können. Anleger profitieren von Zinszahlungen und eventuell einem Optionsrecht, falls dieses bei dem Genussschein angewandt wird.
Ist ein Genussschein eine Aktie?
Nein, Aktien und Genussscheine unterscheiden sich in einigen Punkten stark. Während Aktien dem Aktionär beispielsweise ein Stimmrecht geben, stellen Genussscheine eher eine Mischung aus Aktien und Anleihen dar.
Welche Risiken haben Genussscheine?
Genussscheine haben einige Risiken, die andere Finanzinstrumente nicht haben. Zum einen wäre da das Liquiditätsrisiko zu nennen, zum anderen aber auch die schwache Regulierung.