Gesetzliche Pflegeversicherung
So funktioniert die gesetzliche Pflegeversicherung
mehrWert Redaktion
16. November 2023
Egal, in welchem Alter – wirst du pflegebedürftig und bist im Alltag auf die Hilfe anderer angewiesen, entstehen häufig hohe Pflegekosten. Für diesen Fall bist du durch die gesetzliche Pflegeversicherung abgesichert: Sie übernimmt einen Teil der anfallenden Kosten für Pflege und Unterstützung. Wie die gesetzliche Pflegeversicherung funktioniert und wie du für weitere finanzielle Absicherung im Falle einer Pflegebedürftigkeit sorgst, zeigen wir dir in diesem Artikel.
Gesetzliche Pflegeversicherung: Was ist das?
Die gesetzliche Pflegeversicherung ist eine Pflichtversicherung. Hältst du dich dauerhaft in Deutschland auf und bist Mitglied der privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung, besteht für dich Versicherungspflicht. Diese und andere wichtige Regelungen zur Pflegeversicherung sind gesetzlich im Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt. Aufgabe der Pflegeversicherung ist es, ihre Mitglieder im Falle einer Pflegebedürftigkeit finanziell zu unterstützen und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, decken die Pflegeversicherungen einen Teil der Kosten, die beispielsweise für eine Haushaltshilfe oder eine Heimbetreuung anfallen. Den Kostenteil, den die Versicherung nicht übernimmt, trägst du selbst. Eine private Pflegezusatzversicherung bewahrt dich vor dieser finanziellen Belastung.
Den Pflegeversicherer selbst auswählen?
Die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung kommen aus einer Hand. Außerdem gilt, dass die Pflegeversicherung auf die Krankenversicherung folgt. Bist du gesetzlich krankenversichert, bedeutet das für dich: Du bist automatisch über deine Krankenversicherung pflegeversichert. Etwas anderes gilt für Privatversicherte. Sie müssen eine private Pflegepflichtversicherung abschließen.
Pflegebedürftigkeit: Wann leistet die Pflegeversicherung?
Leistungen der Pflegeversicherung erhältst du, wenn du einen entsprechenden Antrag bei deiner Krankenversicherung stellst. Voraussetzung für Leistungen ist Pflegebedürftigkeit. „Pflegebedürftigkeit“ bedeutet, dass deine Fähigkeiten und deine Selbstständigkeit aus gesundheitlichen Gründen derart beeinträchtigt sind, dass du für mindestens sechs Monate auf fremde Hilfe angewiesen bist. Ist das der Fall, übernimmt die Pflegekasse – unabhängig von deinem Alter – einen Teil der Kosten, die für die erforderliche Alltagshilfe oder Betreuung anfallen.
Bist du vorübergehend beziehungsweise für einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten auf Pflege angewiesen, erbringt die Pflegekasse keine Leistungen. In diesem Fall ist deine Krankenkasse zuständig und trägt die anfallenden Kosten.
Welche Leistungen erbringt die Pflegeversicherung
Deine Pflegeversicherung übernimmt – je nach Bedarf – einen Teil der Kosten für ambulante oder stationäre Pflege. Kümmert sich ein Familienmitglied oder eine dir nahestehende Person um dich, zahlt die Pflegekasse ihnen ein Pflegegeld aus. Die Leistungen (beispielsweise die Kostenübernahme für ambulante Pflege und das Pflegegeld) sind miteinander kombinierbar. In welcher Höhe die Pflegekasse Kosten übernimmt, hängt davon ab, wie stark du in deinen Fähigkeiten und deiner Selbstständigkeit beeinträchtigt bist. Die Schwere der Beeinträchtigung wird anhand des sogenannten Pflegegrades dargestellt.
Pflegegrad 1 bis 5: Einstufung und Begutachtung
Stellst du einen Antrag auf Leistungen der Pflegekasse, muss dein Antrag geprüft und der Grad deiner Pflegebedürftigkeit festgestellt werden. Deine Einstufung und Zuordnung zu einem Pflegegrad sind nötig, damit die gesetzliche Pflegeversicherung festlegen kann, wie stark deine Selbstständigkeit eingeschränkt ist und welche Leistungen sie erbringt.
Um festzustellen, welcher Pflegegrad im konkreten Fall vorliegt, findet eine Begutachtung durch einen Fachmann oder eine Fachfrau statt. Durchgeführt wird die Untersuchung von Ärzten oder Ärztinnen des Medizinischen Dienstes (kurz: MD).
Bei der Begutachtung zur Einstufung des Pflegegrades achtet der Gutachter oder die Gutachterin auf folgende Punkte:
In welcher Höhe die Pflegekasse Kosten übernimmt, hängt davon ab, wie stark du in deinen Fähigkeiten und deiner Selbstständigkeit beeinträchtigt bist. Die Schwere der Beeinträchtigung wird anhand des sogenannten Pflegegrades dargestellt.
Geistige und kommunikative Fähigkeiten – Kann sich die begutachtete Person im Alltag orientieren, Entscheidungen treffen, Gespräche führen und ihre Bedürfnisse mitteilen?
Umgang mit dem Alltagsleben – Kann die begutachtete Person den Alltag eigenständig bewältigen?
Mobilität – Kann sich die begutachtete Person eigenständig fortbewegen und ihre Körperhaltung ändern?
Psychische Gesundheit – Benötigt die begutachtete Person aufgrund psychischer Probleme Unterstützung?
Selbstversorgungsfähigkeit – Wie leicht fällt es der begutachteten Person, sich selbst zu pflegen und zu waschen?
Bewältigung krankheits- oder therapiebedingter Herausforderungen – Benötigt die begutachtete Person Unterstützung beim Umgang mit vorhandenen Krankheiten, beispielsweise beim Wechseln von Verbänden?
Bei seiner Pflegebegutachtung beurteilt der Begutachtende die genannten Punkte. Abhängig davon, wie viel Unterstützung die untersuchte Person benötigt, vergibt er eine Punktzahl. Die Gesamtpunktzahl zeigt der Pflegekasse, welchem Pflegegrad der Untersuchte zuzuordnen ist.
Pflegegrade im Überblick
Die bei der Pflegebegutachtung vergebene Punktzahl lässt sich einem von fünf Pflegegraden zuordnen. Der Pflegegrad gibt an, wie viel Hilfsbedarf der Betroffene hat und welche Leistungen die gesetzliche Pflegeversicherung erbringt:
Pflegegrad
Punktzahl: 12,5 bis 27
Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Beispiel: ein Betroffener kann sich nur schwer bücken und benötigt Unterstützung beim Reinigen seiner Wohnung
Pflegegrade 2
Punktzahl: 27 bis 47,5
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Beispiel: ein Betroffener leidet an einer leichten Form von Demenz und benötigt Hilfe bei der regelmäßigen Einnahme wichtiger Medikamente
Pflegegrade 3
Punktzahl: 47,5 bis 70
Schwere Einschränkungen der Selbstständigkeit
Beispiel: ein Betroffener leidet unter Morbus Parkinson. Aufgrund der Krankheit ist er in seiner Beweglichkeit eingeschränkt und benötigt Hilfe beim Treppensteigen, beim morgendlichen Aufstehen und der Körperpflege
Pflegegrade 4
Punktzahl: 70 bis 90
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Beispiel: ein Betroffener leidet unter einer halbseitigen Lähmung und benötigt Hilfe bei vielen alltäglichen Verrichtungen sowie beim Gehen und Umsetzen
Pflegegrade 5
Punktzahl: 90 bis 100
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit sehr hohem Pflegebedarf
Beispiel: ein Betroffener ist nach einem Unfall querschnittsgelähmt. Er ist bei allen täglichen Aufgaben auf die Hilfe von Pflegenden angewiesen
Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung
Pflegebedürftige Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihr Leben so selbstbestimmt wie möglich zu führen. Pflegebedürftige dürfen daher selbst entscheiden, ob sie von professionellen Fachkräften oder Angehörigen gepflegt werden möchten. In beiden Fällen erbringt die Pflegeversicherung Leistungen, um die gewünschte Pflegeform finanziell zu ermöglichen.
Allerdings deckt die gesetzliche Pflegeversicherung meist nicht alle Pflegekosten ab. Die Kosten, die über den Zuschuss der Pflegekasse hinaus anfallen, müssen Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen selbst tragen. Wie hoch die Leistungen der Pflegeversicherung sind, hängt von der gewünschten Pflegeform ab und ist im Sozialgesetzbuch (SGB XI) festgelegt.
Leistung bei ambulanter Pflege
Bist du pflegebedürftig und wirst ambulant oder in deinen eigenen vier Wänden gepflegt, übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung einen Teil der anfallenden Pflegekosten. Wie viel die Pflegekasse zahlt, ist von deinem Pflegegrad abhängig. Außerdem kommt es darauf an, ob die Pflege von einer Vertrauensperson oder von einem professionellen Pflegedienst durchgeführt wird.
Übernimmt ein professioneller Pflegedienst die Alltagshilfe, überweist die Pflegekasse ihren Kostenanteil (sogenannte Sachleistungen) direkt an ihn. Kümmert sich eine Vertrauensperson um die Pflege, erhält sie ein monatliches Pflegegeld. Das monatliche Pflegegeld ist niedriger als die Sachleistungen. Dafür ist es nicht zweckgebunden und die pflegende Person muss nicht erklären, wofür sie es ausgegeben hat.
Leistungen bei stationärer Pflege
Leistungen für eine Komplettbetreuung im Pflegeheim erbringt die gesetzliche Pflegeversicherung erst ab Pflegegrad 2. Ihre Zuzahlung zu den tatsächlichen Pflegekosten überweist sie direkt an die Betreuungseinrichtung. Die Kosten, welche die Zuzahlung der gesetzlichen Pflegeversicherung übersteigen, musst du selbst finanzieren. Wie hoch dein Eigenanteil ausfällt, ist regional und je nach Einrichtung unterschiedlich.
Eigenanteil bei Pflegebedürftigkeit
Der Eigenanteil, den Pflegebedürftige leisten müssen, hängt davon ab, ob eine ambulante oder eine stationäre Pflege gewünscht ist. Die Höhe der aktuell geltenden Zuzahlungen zeigt die folgende Grafik.
Was kostet die gesetzliche Pflegeversicherung?
Die gesetzliche Pflegeversicherung finanziert sich über die Beiträge ihrer Mitglieder. Aus diesem Grund musst du einen monatlichen Versicherungsbeitrag zählen. Die Höhe des Beitrags richtet sich danach, ob du Kinder hast oder nicht:
Hast du Kinder, zahlst du einen Beitrag in Höhe von 3,05 Prozent deines Bruttoeinkommens
Hast du keine Kinder und bist 23 Jahre oder älter, musst du zusätzlich einen Beitragszuschuss von 0,35 Prozent zahlen
Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ergänzen
Im Falle der Pflegebedürftigkeit übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung einen Teil der Kosten, die für deine Unterstützung und Betreuung anfallen. Das bedeutet: Du oder deine Familie müssen den Kostenteil, den die gesetzliche Pflegeversicherung nicht übernimmt, selbst finanzieren.
Je nach Pflegereform geht es dabei um einige Hundert bis Tausende Euro pro Monat. Verfügen du oder deine Angehörigen nicht über die nötigen Rücklagen, wird Pflegebedürftigkeit zur großen finanziellen und emotionalen Belastung.
Deine Möglichkeit, das Pflege-Dilemma zu lösen: Eine private Pflegezusatzversicherung, die den Schutz der gesetzlichen Pflegeversicherung erweitert. Das bedeutet: Durch eine private Zusatzversicherung sorgst du für Extraschutz im Falle einer Pflegebedürftigkeit. Einmal abgeschlossen, kommt die private Zusatzversicherung für die Pflegekosten auf, welche die gesetzliche Pflegeversicherung nicht übernimmt. So schützt du dich und deine Lieben vor finanziellen Risiken.
Möchtest du eine private Pflegezusatzversicherung abschließen, kannst du zwischen folgenden Varianten wählen:
Pflegetagegeldversicherung
Pflegekostenversicherung
Pflegerentenversicherung
Pflege-Bahr
Häufig gestellte Fragen zur gesetzlichen Pflegeversicherung
Was sind die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung?
Die gesetzliche Pflegeversicherung bezuschusst sowohl die häusliche als auch die Pflege in einem Heim finanziell. Sie leistet Zuzahlungen für die Heimbetreuung, einen Pflegedienst oder zahlt ein Pflegegeld aus.
Wer hat Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung?
Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung hat, wer altersbedingt oder aus gesundheitlichen Gründen Hilfe bei der Bewältigung seines Alltags braucht.
Ist eine Pflegeversicherung Pflicht?
Ja, in Deutschland muss jeder pflege- und krankenversichert sein. Du erhältst deinen gesetzlichen Pflegeversicherungsschutz daher direkt und automatisch über deinen Krankenversicherer.
Ist eine private Pflegezusatzversicherung sinnvoll?
Ja, eine private Zusatzversicherung zur gesetzlichen Pflegeversicherung ist sinnvoll. Grund dafür ist, dass die gesetzliche Pflegeversicherung Pflegekosten nur zum Teil übernimmt. So entstehen Finanzierungslücken, die eine Zusatzversicherung schließt.