Pflegegeld beantragen und nutzen
Ratgeber zum Pflegegeld für Angehörige
mehrWert Redaktion
2. Januar 2024
Die Pflege eines geliebten Menschen kann eine erfüllende Aufgabe sein, die allerdings auch mit vielen Herausforderungen einhergeht. In Deutschland gibt es eine Unterstützung in Form von Pflegegeld, das Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen zur Verfügung steht. Bist du dafür verantwortlich, die benötigte Pflege und Betreuung für einen Angehörigen sicherzustellen, kann das erst mal überfordernd sein. Um die Überforderung zu mindern, erklären wir dir heute, wie du Pflegegeld beantragen und nutzen kannst, um deinen Liebsten die bestmögliche Versorgung und Betreuung zu ermöglichen.
Was ist das Pflegegeld?
Das Pflegegeld ist eine finanzielle Unterstützung, die es pflegenden Angehörigen ermöglicht, die Pflege und Betreuung ihrer bedürftigen Familienmitglieder zu Hause sicherzustellen. Mit dieser Möglichkeit wird die häusliche Pflege gefördert, wodurch pflegebedürftige Personen in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Zudem möchten Angehörige oder die bedürftigen Menschen selbst häufig nicht, dass die Pflege von fremden Menschen, beispielsweise einem ambulanten Pflegedienst, übernommen wird. Für diese Fälle gibt es in Deutschland das Pflegegeld. Gezahlt wird dieses monatlich von der Pflegeversicherung an die pflegebedürftige Person. Über das Geld kann frei verfügt werden, wird aber im Normalfall an die pflegenden Menschen weitergegeben.
Wer hat Anspruch auf Pflegegeld?
Um Pflegegeld zu erhalten, muss die pflegebedürftige Person mindestens in Pflegegrad zwei von fünf eingestuft sein. Die Einstufung erfolgt durch den Medizinischen Dienst bei einer Begutachtung, bei der mithilfe eines Punktesystems verschiedene Kriterien wie die Selbstständigkeit und die Verhaltensweisen der pflegebedürftigen Person eingeschätzt werden. Für die Einschätzung werden sechs Lebensbereiche begutachtet:
Mobilität: Unter Mobilität wird die Fähigkeit verstanden, sich eigenständig und sicher in der Umgebung zu bewegen. Dabei wird nur die Beweglichkeit bewertet, wenn die Person aber aufgrund geistiger Beeinträchtigungen nicht in der Lage ist, sich frei zu bewegen, fließt das für diesen Bereich nicht in die Bewertung ein
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Dieser Bereich bezieht sich auf die geistigen Fähigkeiten einer Person. Hierbei wird untersucht, ob Informationen verarbeitet und verstanden werden können. Auch die Kommunikationsfähigkeit wird bewertet
Verhaltensweisen und psychische Belastung: In diesem Bereich werden Verhaltensstörungen und psychische Schwierigkeiten bewertet. Es wird unter anderem auf Verhaltensweise wie zielloses Umherlaufen und Aggressionen geachtet. Dazu gehören auch Beleidigungen, schlagen und treten. Auch auftretende Wahnvorstellungen sollten hier erwähnt werden
Selbstversorgung: Dieser Lebensbereich fließt am stärksten in die Bewertung ein. Es wird festgestellt, ob und in welchem Umfang die Person in der Lage ist, sich eigenständig zu waschen und anzuziehen. Auch auf die Selbstständigkeit bei Toilettengängen und der Nahrungsaufnahme wird geachtet
Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen: Hier wird bewertet, inwieweit die pflegebedürftige Person in der Lage ist, mit den Anforderungen und Belastungen ihrer Erkrankung oder Therapie umzugehen. Dies schließt den Umgang mit Medikamenten, Therapieplänen und Arztbesuchen ein
Gestaltung des Alltagslebens: Dieser Lebensbereich betrifft die Fähigkeit, den eigenen Alltag zu gestalten und soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Es wird geprüft, ob die pflegebedürftige Person in der Lage ist, soziale Beziehungen zu pflegen, Freizeitaktivitäten zu unternehmen und ihren Alltag selbstständig zu organisieren
Jeder dieser Lebensbereiche wird individuell bewertet. Die Ergebnisse dieser Beurteilung fließen dann in die Bestimmung des Pflegegrads ein.
Abgesehen von dem Vorhandensein eines Pflegegrads, muss die häusliche Pflege selbst sichergestellt werden, um den Anspruch auf Pflegegeld sicherzustellen. Dies kann durch Angehörige oder ehrenamtliche tätige Personen geschehen. Zudem muss die pflegebedürftige Person innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens für zwei Jahre in die soziale Pflegeversicherung eingezahlt haben. Das kann über die gesetzliche Pflegeversicherung oder eine private Pflichtversicherung passiert sein. Wurde nicht in die Pflegeversicherung eingezahlt, kannst du „Hilfe zur Pflege“ beim Sozialamt beantragen.
Wie hoch ist das Pflegegeld?
Die Höhe des Pflegegelds richtet sich nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit. Das bedeutet im Jahr 2024:
Pflegegrad 1: kein Anspruch
Pflegegrad 2: 332 Euro
Pflegegrad 3: 573 Euro
Pflegegrad 4: 765 Euro
Pflegegrad 5: 947 Euro
Die Beträge können sich von Jahr zu Jahr ändern. So wurde das Pflegegeld zum 01. Januar 2024 um fünf Prozent angehoben.
Welche Leistungen bietet das Pflegegeld?
Das Pflegegeld ist nicht zweckgebunden und kann so flexibel eingesetzt werden. Meistens wird das Pflegegeld genutzt, um pflegende Angehörige für ihre Unterstützung zu bezahlen. Mit dieser Option ermöglicht die Pflegekasse es dir, selbst zu entscheiden, ob du deine Angehörigen selbst pflegen oder Fachkräfte dafür engagieren möchtest. Lebt die pflegebedürftige Person in einem Alten- oder Pflegeheim, verfällt der Anspruch auf Pflegegeld.
Pflegegeld beantragen: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Hier findest du eine Übersicht über die wichtigsten Informationen für die Antragstellung:
Wo muss ich den Antrag stellen: Der Antrag auf Pflegegeld wird direkt bei der Pflegekasse gestellt. Ist die Pflegekasse unbekannt, kannst du dich an die zuständige Krankenkasse wenden. Wurde nicht innerhalb der letzten zehn Jahre für mindestens zwei Jahre in die Pflegeversicherung eingezahlt, kannst du beim Sozialamt den Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ stellen
Wann sollte ich den Antrag stellen: Die Antragstellung sollte passieren, sobald du oder möglicherweise die pflegebedürftige Person selbst den Eindruck haben, dass eine regelmäßige Unterstützung im Alltag nötig ist. Als Antragsdatum gilt der Tag, an dem du die Pflegeversicherung zuerst deswegen kontaktiert hast. Das Geld wird rückwirkend bis dahin erstattet
Wer muss den Antrag stellen: Der Antrag muss von der zu pflegenden Person selbst gestellt werden. Ist das nicht möglich, kannst du mit einer Vorsorgevollmacht den Antrag ausfüllen
Wie stelle ich den Antrag: Zunächst kannst du einen formlosen Antrag auf Pflegegeld stellen. Dafür reicht ein Anruf, eine E-Mail oder ein Brief. Daraufhin bekommst du von der zuständigen Pflegeversicherung ein Formular zugeschickt, das du ausfüllen und zurückschicken musst. In diesem Formular musst du Fragen zum Anlass für den Antrag, zur gewünschten Art der Leistung, zum Grund für die Pflegebedürftigkeit und zur Pflegeperson beantworten
Was passiert danach: Du bekommst nach der Antragstellung einen Termin zur Begutachtung durch den Medizinischen Dienst zugeschickt. Privatversicherte erhalten einen Termin von Medicproof. Gleichzeitig bekommst du auch eine Checkliste mit Fragen. Diese Liste musst du nicht zurückschicken, sie ist nur für dich als Vorbereitung auf den Termin gedacht
Pflegegeld vs. Pflegesachleistungen: Vergleich der Optionen
Während das Pflegegeld gezahlt wird, wenn Angehörige oder ehrenamtliche Menschen die Pflege übernehmen, bestehen Pflegesachleistungen aus konkreten pflegerischen Dienstleistungen, die von qualifizierten Fachkräften erbracht werden. Dabei rechnet die Pflegekasse direkt mit dem zuständigen Pflegedienst ab. Zu den Dienstleistungen gehören:
Pflege
Haushaltshilfe
Häusliche Betreuung
Die Höhe der monatlichen Pflegesachleistungen ist, ähnlich wie bei der Höhe des Pflegegelds, nach Pflegegrad geregelt:
Pflegegrad 1: kein Anspruch
Pflegegrad 2: 724 Euro
Pflegegrad 3: 1363 Euro
Pflegegrad 4: 1693 Euro
Pflegegrad 5: 2065 Euro
Anders als beim Pflegegeld sind hier die Leistungen allerdings zweckgebunden an die Pflege. Das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen können auch miteinander kombiniert werden. Werden beispielsweise die bewilligten Pflegesachleistungen nicht vollständig in Anspruch genommen, erhält die pflegebedürftige Person anteilig Pflegegeld.
Häufig gestellte Fragen zum Antrag und zur Nutzung des Pflegegeldes
Ich bin mir nicht sicher, welche Pflegeform am besten ist. Was kann ich tun?
Wenn du dir unsicher bist, kannst du zunächst Pflegegeld oder eine Kombinationsleistung beantragen. Entscheidest du dich um, kannst du die Leistungen im Nachhinein anpassen.
Kann ich auch ohne Vorsorgevollmacht den Antrag stellvertretend ausfüllen?
Seit 2023 gibt es das Notvertretungsrecht. Damit kann ein Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner die pflegebedürftige Person kurzfristig vertreten.
Kann ich rückwirkend Pflegegeld beantragen?
Nein, das geht nicht. Der Anspruch ist erst ab dem Tag der Antragstellung gegeben. Bis zu diesem Tag bekommst du das Geld rückwirkend.