Pflegegrad 4
Was bedeutet Pflegegrad 4?
mehrWert Redaktion
4. Juli 2024
Ist ein Familienmitglied pflegebedürftig, stellt das häufig eine große Herausforderung für die Angehörigen dar. Nicht nur emotionalen Hürden müssen sich die Betroffenen stellen, sondern auch finanziellen. Um Pflegebedürftige und ihre Familien zu unterstützen, gibt es in Deutschland die Pflegeversicherung. Entsprechend der Einschränkung der Selbstständigkeit können Menschen einen Pflegegrad erhalten, wodurch der Pflegebedarf bestimmt wird und Anspruch auf entsprechende Leistungen der Pflegeversicherung entsteht. Aber was bedeuten die Pflegegrade überhaupt und welche Leistungen gehen damit einher? Im Folgenden erklären wir dir alles, was du über Pflegegrad 4 wissen musst.
Was ist der Pflegegrad 4?
Wird die Alltagsbewältigung für dich oder ein Familienmitglied immer herausfordernder, ist es an der Zeit, Hilfe zu suchen. Dafür gibt es in Deutschland die Pflegeversicherung. Ist die Selbstständigkeit einer Person stark beeinträchtigt, kann ihr ein Pflegegrad zugeteilt werden. Pflegegrad 4 ist der zweithöchste von insgesamt fünf Pflegegraden. Je geringer das vorhandene Maß an Selbstständigkeit ist, desto höher ist der zugeteilte Pflegegrad.
Für eine Einstufung in Pflegegrad 4 muss eine schwerste Beeinträchtigung der Eigenständigkeit vorliegen. Liegt Pflegegrad 4 vor, benötigen die Betroffenen starke Unterstützung in allen Bereichen des Alltags. Das betrifft beispielsweise die Mobilität, Ernährung und die Körperpflege. Mit der Zuteilung eines Pflegegrads ermöglicht die Pflegeversicherung die Inanspruchnahme von finanziellen Leistungen und professionellen Hilfskräften, sodass die Lebensqualität der pflegebedürftigen Person und der Familie verbessert wird.
Voraussetzungen für die Einstufung in Pflegegrad 4
Wird die Alltagsbewältigung zu einer immer größer werdenden Herausforderung, ist die Unterstützung der Pflegekasse unumgänglich. Denn die Pflege eines Angehörigen ist oft sehr aufwändig und geht mit emotionalen und finanziellen Problemen einher. Die Einstufung in einen Pflegegrad ermöglicht einen wichtigen Zugang zu professionellen Pflegeleistungen und finanzieller Unterstützung, um die pflegebedürftige Person und ihre Familie zu entlasten.
Möchtest du einen Pflegegrad für dich oder einen Angehörigen beantragen, musst du dich zunächst mit der zuständigen Pflegekasse in Verbindung setzen. Anschließend findet ein Hausbesuch durch den MDK, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, statt. Hierbei wird ein Gutachten erstellt, bei dem die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person in sechs Lebensbereichen eingeschätzt wird. Für Einschränkungen werden bis zu 100 Punkte vergeben, deren Gesamtwert zusammengerechnet den Pflegegrad bestimmen. Um Pflegegrad 4 zu erhalten, müssen bei dem Gutachten 70 bis 90 Punkte für die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit festgestellt werden. Jeder der sechs Lebensbereiche fließt unterschiedlich stark in die Gesamtbewertung ein. Folgende Bereiche werden begutachtet:
Mobilität (10 %): Im Bereich der Mobilität wird geprüft, wie eigenständig und sicher die pflegebedürftige Person sich in ihrer Umgebung bewegen kann. Es ist ausschließlich die Beweglichkeit ausschlaggebend. Liegt aufgrund einer geistigen Beeinträchtigung eine Einschränkung vor, wird das in diesem Bereich nicht bewertet
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (7,5 %): Hier werden die geistigen Fähigkeiten der Person bewertet. Können Gespräche geführt und eigenständig Entscheidungen getroffen werden? Können Informationen verarbeitet und verstanden werden? Inwieweit sind kommunikative Fähigkeiten vorhanden oder eingeschränkt?
Verhaltensweisen und psychische Belastung (7,5 %): In diesem Bereich werden Verhaltensstörungen und psychische Schwierigkeiten begutachtet. Ängstliches oder aggressives Verhalten, wie beispielsweise Schlagen, Treten und Beleidigungen, aber auch das Auftreten von Wahnvorstellungen sollten hier genannt werden
Selbstversorgung (40 %): Hier wird das vorhandene Maß der Selbstversorgung eingeschätzt. Ist die pflegebedürftige Person in der Lage, sich ohne Unterstützung zu waschen und anzuziehen? Wenn ja, in welchem Umfang? Wichtig ist auch die Selbstständigkeit bei Toilettengängen und bei der Nahrungsaufnahme
Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen (20 %): Hier wird bewertet, inwieweit die pflegebedürftige Person in der Lage ist, mit den Anforderungen und Belastungen ihrer Erkrankung oder Therapie umzugehen. Werden Medikamente regelmäßig und selbstständig eingenommen? Werden Arzttermine und Therapiepläne eingehalten?
Gestaltung des Alltagslebens (15 %): Ist die pflegebedürftige Person in der Lage, eigenständig ihren Alltag zu organisieren und soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten?
Um alle Fragen des MDK beantworten zu können, kann es hilfreich sein, in den Wochen vor dem Hausbesuch ein Pflegetagebuch zu führen.
Leistungen und Ansprüche bei Pflegegrad 4
Bei Pflegegrad 4 liegt eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vor. Die Betroffenen brauchen in der Regel täglich Unterstützung, häufig auch mehrmals täglich oder sogar durchgehend. Daher erhalten Menschen mit Pflegegrad 4 umfangreiche Leistungen von der Pflegeversicherung. Auf folgende Leistungen hast du mit Pflegegrad 4 Anspruch:
Pflegegeld von 765 Euro monatlich
Pflegesachleistungen in Höhe von 1778 Euro monatlich, um Leistungen von professionellen Fachkräften in Anspruch nehmen zu können
1612 Euro Verhinderungspflege im Jahr, die auf 42 Tage oder sechs Wochen im Jahr begrenzt ist
1612 Euro monatlich für die teilstationäre Pflege
1774 Euro im Jahr für die Kurzzeitpflege, die auf 56 Tage oder acht Wochen im Jahr begrenzt ist
1775 Euro monatlich für die stationäre Pflege
Das Pflegegeld wird der pflegebedürftigen Person auf ihr Konto überwiesen. Es steht ihr zur freien Verfügung und es müssen keine Kostennachweise erbracht werden. Häufig wird das Geld als Dank an die pflegenden Personen weitergegeben. Der Anspruch auf Pflegegeld wird verringert, wenn du Pflegesachleistungen in Anspruch nimmst.
40 Euro für Pflegehilfsmittel wie Schutzmasken, Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel, aber auch für technische Hilfsmittel wie Pflegebetten und Rollstühle
bis zu 25,50 Euro Zuschuss für den Hausnotruf
4000 Euro Zuschuss für nötige Wohnraumanpassungen
Entlastungsbetrag von 125 Euro, der beispielsweise für eine Haushaltshilfe genutzt werden kann
Wohngruppenzuschuss von 214 Euro monatlich
2500 Euro als Anschubfinanzierung für die Gründung einer Pflegewohngruppe
Unterschiede zwischen Pflegegrad 4 und anderen Pflegegraden
Die Pflegegrade unterscheiden sich hauptsächlich durch den Pflegebedarf und die Höhe der damit einhergehenden Leistungen. Mit dem Pflegegrad steigt auch der Umfang der Unterstützung, denn je höher der Pflegegrad ist, desto höher ist der Hilfebedarf. Bei Pflegegrad 1 gibt es beispielsweise keinen Anspruch auf Pflegegeld, da die Einschränkungen noch vergleichsweise gering sind.
Pflegebedarf und Pflegeaufwand bei Pflegegrad 4
Der Pflegebedarf ist pauschal nicht einzuschätzen. Jede Person benötigt ein individuelles Maß an Unterstützung. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass der Pflegebedarf mit dem Pflegegrad ansteigt. So benötigen Menschen mit Pflegegrad 4 in der Regel mehrfach täglich, teilweise sogar durchgehend, Unterstützung.
Beantragung von Pflegegrad 4
Wenn du merkst, dass deine eigene Selbstständigkeit oder die von einem Angehörigen deutlich nachlässt, solltest du schnellstmöglich Kontakt zur zuständigen Pflegekasse aufnehmen. So vermeidest du Versorgungslücken und minderst die Belastung für alle beteiligten Personen. Du erreichst die Pflegekasse über die zuständige Krankenversicherung.
Die Pflegeversicherung schickt dir dann ein Formular zu, welches du ausgefüllt zurückschicken musst. Anschließend findet der Hausbesuch durch den MDK statt. Hier wird die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person begutachtet und über die Zuteilung in einen Pflegegrad entschieden. Der Pflegegrad kann übrigens auch vorläufig über ein Eilverfahren bestimmt werden, wenn sich die pflegebedürftige Person in einem Krankenhaus befindet. Der Hausbesuch findet dann im Anschluss an die Entlassung nachträglich statt.
Wird der Pflegebedarf mit der Zeit höher, sollte der Pflegegrad angepasst werden. Auch hierfür solltest du zunächst Kontakt zu der zuständigen Pflegekasse aufnehmen. Anschließend findet erneut ein Hausbesuch zur Begutachtung statt. Für Pflegegrad 5 müssen mindestens 90 Punkte erreicht werden.
Häufig gestellte Fragen zum Pflegegrad 4
Was sind Pflegesachleistungen?
Pflegesachleistungen sind Leistungen von professionellen Pflegekräften, die körperbezogene Pflege und Betreuung in der häuslichen Umgebung der pflegebedürftigen Person geleistet werden
Muss ich in Vorkasse treten?
In der Regel rechnen die Dienstleister direkt mit der Pflegeversicherung ab.
Darf ich mit Pflegegrad 4 arbeiten?
Wenn du körperlich und geistig dazu in der Lage bist, ja.