Mario Lochner: Heute reden wir nicht über Portfolios, sondern um eine Währung, der es zur Zeit nicht so gut geht. Wir müssen über den Euro reden. Andreas, jetzt warst du die letzten Jahre nicht so unterwegs wie viel Untergangspropheten, die immer schon wussten, dass der Euro “unter geht”. Mich würde interessieren, ob sich deine Meinung jetzt geändert hat? Ist das jetzt so ein Zwischentief? Erholt sich der Euro wieder? Oder ist das jetzt ein dauerhafter Abstieg?
Andreas Beck: Also, die Eurokritiker haben immer vom Totaluntergang gesprochen und vom Zerfall der Währung, der zwangsläufig kommt. Von einer Vermögenstransformation, die stattfindet weg aus Deutschland, hin nach Italien. Das hat sich einfach in den Daten nicht gefunden. Das war noch keine Beschreibung der Realität. Damit konnte man Bücher verkaufen und viel Wirbel machen, aber das war nicht das Thema. Es gab Bretton Woods, das hat sozusagen festgelegt, dass die Währungen untereinander nicht mehr schwanken sollen mit einer Kopplung an den Dollar und mit einer Koppelung an Euro, so war es ursprünglich gedacht. Ich glaube, 1949 ist es dann in Kraft getreten und die Idee war, dass eine globalisierte Weltwirtschaft, wie sie gewollt war, von allen Industriestaaten nur dann möglich ist, wenn die Währungsschwankungen nicht zu groß werden. Sonst kann ich ja gar nicht planen. 1973 ist Bretton Woods dann gescheitert und schon als sich abgezeichnet hat, dass es scheitert, haben die Europäer ein eigenes Währungssystem ins Leben gerufen. 1971 wurde dieses bereits beschlossen. Das war zuerst der Europäische Wechselkursverbund und dann das Europäische Währungssystem. Das hatte die gleiche Logik, dass innerhalb der Mitgliedsstaaten die Währungen nicht schwanken dürfen. Interessanterweise war es so, dass im europäischen Währungssystem das Britische Pfund wie eine Weichwährung gehandelt wurde. Die Hartwährungen durfte 2,25 Prozent nach oben, nach unten schwanken und die Italienische Lira und das Britische Pfund, die durften sechs Prozent schwanken.
Mario Lochner: Und das hat so weit auch funktioniert?
Andreas Beck: Zumindest hat funktioniert, dass ein Wirtschaftsraum entstanden ist, der auch Wohlstand geschaffen hat. Dann ist es aber eskaliert, weil die Deutsche Mark die absolute Leitwährung war und die anderen Zentralbanken gezwungen waren sich an der Bundesbank zu orientieren. Das haben sie nicht geschafft. Das ist 1992 eskaliert, als dann George Soros zum Beispiel gegen das Britische Pfund gewettet hat. Die Regelung war so, dass, wenn eine Währung zu schwach wird, dass die Notenbanken intervenieren müssen. Das haben die Notenbanken nicht mehr geschafft ab einem gewissen Niveau, weil die Deutsche Mark sich wirtschaftlich zu stark abgekoppelt hat. Dann gab es die Wiedervereinigung, anschließend die Inflation, danach hat die Bundesbank die Zinsen erhöht und es ist auseinander gefallen. Hiernach gab es wirklich eine Krise, die auch sehr teuer war für Italien und für Großbritannien, aber auch für andere Länder, was zum Beispiel zeigt, dass es ein Märchen ist, dass Abwertung einem Land etwas nützt wirtschaftlich. Das war immer sehr teuer für die dortigen Wirtschaft. Es hat kurzfristige Entlastung, aber langfristig enorme Kosten für eine Volkswirtschaft gebracht. Man hat sich dann wieder zusammengefunden und letztendlich hat dieses europäische Währungssystem Bestand gehabt, bis 1999 der Euro eingeführt wurde. Was ich damit sagen will, ist das Alternativkonzept war nicht, dass die Deutsche Mark macht, was sie will und eine Bundesbank frei agiert, sondern es war immer schon ein Konzert und da musste man aufeinander Rücksicht nehmen, weil sonst eine globalisierte Wirtschaft nicht möglich wäre. Dann kam der Euro und am Anfang war er so konzipiert, dass weiter die Deutsche Mark die Leitwährung bleibt. In dem Sinne, dass die Europäische Zentralbank von der Struktur her ein Nachfolger der Bundesbank ist und die anderen Währungen automatisch mit dem Boot sind, von der Bonität Deutschlands profitieren und deswegen nicht mehr aus der Bahn geworfen werden können. Das Konzept war nicht so schlecht. Es war von Anfang an klar, dass es mit Risiken verbunden ist, aber alles ist immer mit Risiken verbunden.
Mario Lochner: Und es hätten sich natürlich alle an die Regeln halten können / sollen. Das hat ja auch nicht so wirklich funktioniert.
Andreas Beck: Besser als es häufig dargestellt wird. Natürlich musste man immer wieder Anpassungen machen an die Verträge, aber das war nie so, dass einer gemacht hat, was er wollte, sondern man hat sich zusammengesetzt und einstimmig die Verträge modifiziert.
Mario Lochner: Aber da höre ich jetzt raus, dass du es lange für vernünftig gehalten hast und jetzt hat sich deine Meinung etwas geändert. Also jetzt bist du nicht mehr so für den Euro?
Andreas Beck: Ja, dann kam die Griechenland-Krise und dann ist das ganze aus dem Ruder gelaufen, weil man bei der Konstruktion des Euro einfach ein Risiko vernachlässigt hat. Das ist das Risiko, dass es sich, lohnt auf die Insolvenz einzelner Staaten zu wetten. Dafür muss man wissen, dass Staaten in der eigenen Währung nicht insolvent gehen können. Sie haben die Hoheit über die Währungsproduktion. Japan ist wahnsinnig verschuldet, aber in Yen deswegen braucht man nicht auf eine Insolvenz wetten. Die USA sind wahnsinnig verschuldet, aber US-Dollar. Italien war in Euro verschuldet und rechtlich ist der Euro in Fremdwährung Italien im keine Hoheit über die Währungsproduktion also war es auf einmal nahe liegend auf Insolvenzen zu wetten. Das war echt ein Problem, ein Konstruktionsfehler und der ist dann sehr schlau, sehr austariert, sehr ausgewogen behoben worden, indem ein Konstrukt geschaffen wurde, dass den Länder die Hoheit über die Produktion von Staatsanleihen gegeben hat und die Europäische Zentralbank hat ein System aufgebaut, wie am Sekundärmarkt Staatsanleihen aufgekauft werden können (nicht beliebig), sodass es kein Insolvenzrisiko für die Staaten mehr gab. Das war austariert, denn erstens hat die Europäische Zentralbank eigentlich nicht die italienischen Staatsanleihen gekauft, sondern die Europäische Zentralbank hat im Europäischen System der Zentralbanken die Italienische Zentralbank berechtigt, die Italienischen Staatsanleihen zu kaufen. Die sind also in Italien geblieben, die deutschen Staatsanleihen sind in Deutschland geblieben. Das wurde nur gemacht, wenn sich die Staaten an einen Stabilitätspakt gehalten haben. Das war dann diese viel angegriffene Austeritätspolitik, dass nicht mehr jeder machen konnte, was er wollte. Dieses konkrete Insolvenzrisiko der einzelnen Staaten wurde rausgenommen und damit macht es keinen Sinn mehr, dagegen zu wetten. Dafür ist Mario Draghi sehr kritisiert worden in Deutschland und in Italien.
Mario Lochner: Das hat soweit funktioniert, dass der Euro gerettet worden ist. Wir schauen wieder auf die italienischen Anleiherenditen und wissen ganz genau, wenn es zu hoch schießt ist Alarmstimmung.
Andreas Beck: Die Märkte sind nicht blöd. Als das gemacht wurde unter der Leitung von Mario Draghi, ist der Euro stärker geworden, weil es ein durchdachtes Konzept war und es hätte für ein paar Jahrzehnte auf jeden Fall gut funktionieren können. Man hätte vielleicht ein paar Dinge anpassen müssen, zum Beispiel 60 Prozent Verschuldung auf 100 Prozent Verschuldung oder 80 Minuten Verschuldung als Toleranzgrenze nehmen, damit es realitätsnäher wird, hätte auch keinen groß gestört, aber es war ein Grundkonstrukt, das ausgewogen war, was die Staaten diszipliniert hatte auf der einen Seite und trotzdem das Insolvenzrisiko rausgenommen hat auf der anderen Seite. Das wirklich Überraschende ist, dass es ohne wirkliche Not, ohne dass es dafür wirklich einen fachlichen Grund gegeben hätte, in der Corona-Krise über Bord geworfen worden. Der Euro heute hat nichts mehr zu tun mit dem Euro von vor Corona.
Mario Lochner: Warum ist das passiert? Also, du sagst ohne Grund aber war das ein Unfall oder was steckt dahinter? Was ist konkret passiert? Kannst du uns das mal kurz erläuterst was schief gelaufen ist?
Andreas Beck: Es hieß wegen Corona müssen wir zusammenhalten und jetzt ist kein Platz mehr für Austrias Politik. Dieses ganze Argument war vollkommen falsch, weil es während der Corona Hochphase sowieso ausgesetzt wurde und die Staaten mussten ihre Ausgaben-Programme nicht mehr genehmigen. Niemand hatte Geldnot, es gab kein Liquiditätsmangel nirgendwo, auch in Italien. Kein italienisches Krankenhaus war unterversorgt, weil zu wenige Euros da waren. Das war von Anfang an ein Märchen. Aber da wurde jetzt ein solcher moralischer Druck aufgebaut, auch in den Medien in Deutschland. Ich war fasziniert als ich, dass man hingestellt wurde, als wenn man Menschenfeind wäre, wenn man das nicht gut fand. Was ist gemacht worden? Es wurden Transferzahlungen beschlossen. Es wurden Eurobonds beschlossen. Das sich sozusagen Europa selbst verschuldet. Es wurde ein großes neues Schuldenpaket aufgebaut, welches jetzt bei Europa selber liegt, welches so strukturiert ist, dass die Rückzahlungen erst in zehn Jahren beginnen. Dann, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und es sowieso keine Rückzahlung geben wird. Das Geld wird aber sofort ausgegeben und am Ende ist wieder ein riesiger Bürokratieapparat notwendig. Es gibt die Tendenz von Behörden, sich selbst permanent immer wichtiger und immer größer zu machen. Das war ein Schub für die EU. Jetzt haben wir also die Situation, wo die ganzen grundsätzlichen, austarierten Bedingungen über Bord geworfen wurden und im Prinzip haben wir jetzt einen rechtsfreien Raum erstmal.
Mario Lochner: Also ist es eine Zeitenwende?
Andreas Beck: Ja, das ist eine Zeitenwende, die überraschenderweise nicht diskutiert wurde in Deutschland. Die wurde einfach so hingenommen. Gut, wir hatten Corona, wir hatten andere Themen, aber jetzt kauft die Europäische Zentralbank also bewusst italienische Staatsanleihen, damit der Zinsunterschied nicht zu groß wird. Sie greift jetzt bewusst in den Markt ein. Das war vorher Tabu. Vorher musste sie im Verhältnis Anleihen kaufen, wie die Mitgliedstaaten “Eigentümer” sind der Europäischen Zentralbank. Jetzt hat es schon angefangen, dass die deutsche Staatsanleihen sozusagen abbaut und italienische aufbaut wird. Außerdem wurde ein Notfallprogramm beschlossen, dass die EZB beliebig weiter aufkaufen kann. Das greift, wenn die Risikoprämie einzelner Länder irrational hoch wird, also durch spekulative Gründe zu hoch wird. Das ist aber natürlich nicht bestimmbar. Wer soll das bewerten?
Mario Lochner: Die Frage ist ja auch, was gibt es da noch für rechtliche Konsequenzen? Wir kennen das aus den letzten Jahren, das es natürlich auch noch gerichtliche Instanzen gibt. Wie gerade schon gesagt, war früher das Problem, dass man die Anleihen proportional musste, man zu kaufen. Also kann es sein, dass es da vielleicht Probleme gibt?
Andreas Beck: Wenn ich das Gefühl habe, die Politik tanzt auf meinen Interessen herum, dann kann ich mich an das Bundesverfassungsgericht wenden. Das haben Leute gemacht und haben eine sehr gut begründete Klage eingereicht, dass das, was die Europäische Zentralbank beschlossen hat, sich das nicht aus dem Mandat der Preisstabilität ableiten lässt. Dazu muss man wissen: Wir (EU) sind nach wie vor eine Vereinigung von selbständigen Staaten. Ich glaube, von Portugal über Irland bis Polen will das niemand anders (auch wenn es immer so dargestellt wird). Die EU-Organe haben immer nur die Rechte, zu denen sie konkret ermächtigt wurden. Die haben außerhalb dessen zudem, was sie konkret ermächtigt wurden, keinerlei Befugnis und die Europäische Zentralbank ist genau dazu befugt worden, die Preisstabilität sicherzustellen. Das Bundesverfassungsgericht hat bemängelt, dass die Europäische Zentralbank zu wenig begründet hat, warum ihr Handeln notwendig ist aus der Zielstellung der Preisstabilität. Das war natürlich alles schon sehr konstruiert, was die EZB gemacht hat, weil Preisstabilität hieß, die Inflation ist zu niedrig seinerzeit. Es war damals schon klar, dass mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht und dem, was dann passiert ist, die Europäische Zentralbank sich schon darauf festgelegt hat, dass sie es aus dem Ziel der Preisstabilität begründen muss, was sie tut. Jetzt macht sie lauter neue, unorthodoxe Programme bei einer Inflation von 8 Prozent. Deshalb ist wieder dagegen geklagt worden und eigentlich müsste jetzt die Europäische Zentralbank Probleme bekommen Seiten des OEGH. Ich habe natürlich keine Ahnung, ob das passiert, aber wir haben auf jeden Fall die Situation geschaffen in Europa mit dem Währungsraum, wo man vollstes Verständnis dafür haben muss, dass der Markt der Auffassung gewesen ist, dass der Euro jetzt weniger als ein Schweizer Franken wert ist.
Mario Lochner: Jetzt ist die Frage geht es so weiter? Hat der Abstieg erst begonnen oder würdest du sagen, es bleibt so oder wird der Kurs immer weiter abschmieren?
Andreas Beck: Man darf jetzt nicht den Kopf verlieren. Das ist jetzt keine Panik oder so, die da notwendig ist. Man muss jetzt nicht in die Schweiz auswandern oder mit seinem Vermögen schnell eine Liechtensteiner Stiftung gründen. Am Ende geht es jetzt nicht um Zusammenbruch oder nicht Zusammenbruch. Warum sollte es Zusammenbrechen?
Mario Lochner: Also den großen Knall schließt und nach wie vor aus?
Andreas Beck: Ja, die Wirtschaft funktioniert und solange die Wirtschaft funktioniert und wir keinen Weltkrieg haben oder sonstige Katastrophen, geht es ja immer nur um die Verteilung. Die Wirtschaft funktioniert, es wird Mehrwert geschaffen und wie er verteilt wird, ist da immer die politische Frage, die so schief läuft. Da ist das, was passiert, ist hochgradig ungerecht. Nicht weil jetzt Vermögen abfließt von Deutschland nach Italien, sondern das Ganze eine Umverteilung von der breiten Bevölkerung hin zu den reichen zehn Prozent ist. Das ist eine Umverteilung von jung zu alt und zwar in allen Ländern, wie es sich zeigen lässt. Warum? Weil die Vermögenden 10% in Produktivkapital investiert haben. Die haben in Unternehmensbeteiligungen investiert, also in Aktien und Immobilien und das mit 120 Prozent. Das heißt, 20 Prozent haben sie noch sozusagen eine Kredit drauf die Hypothek und haben sozusagen negativ am Zinsmarkt investiert. Die breite Bevölkerung über ihre Riester-Rente, über ihre Versicherungspolicen, über das Geld, das auf dem Konto liegt, haben sozusagen “long” am Zinsmarkt investiert. Also das Gegenteil und die zahlen die Zeche für das ganze Spiel. Deswegen ist es so, wenn man sich anschaut, wie sind denn die Vermögen allokiert von arm zu reich, dann ist es klar, dass die Schere allein deswegen schon auseinander gehen muss, weil die breite Bevölkerung auf eine Art und Weise investiert hat, wo sie die Zeche zahlt und wenn man vermögend ist, dann hat man eben leichte Möglichkeiten, international breit gestreut, Produktivkapital als Geldanlage zu haben (auch wenn das Depot in Deutschland liegt). Die profitieren von der ganzen Situation.
Mario Lochner: Also werden wir ärmer bis auf die Reichen?
Andreas Beck: Das ist etwas, was man sieht und was sowas so wahnsinnig unsozial ist und auch an der ganzen Geschichte. Es wird immer so dargestellt, als wäre es sozusagen ein Gesellschaftlicher Akt, was sie hier machen. “Wir müssen zusammenhalten”. Aber wenn man sich wirklich anschaut, was für Vermögensströmen das sind und das lässt sich schon eigentlich auch die letzten 20 Jahre stark beobachten, besonders in den letzten fünf Jahren, dann ist es diese Umverteilung. Es ist klar, wenn ich Vermögen bin, dann profitierte ich sowieso. Also ich kenne keinen vermögende Menschen, der ein Garantieprodukt hat. Natürlich, wenn ich jetzt nicht vermögend bin, sondern zum Beispiel jung und ich muss mich darum kümmern, irgendwie in Zukunft meinen Lebensstandard halten zu können, dann geben wir die Märkte offen. Das ist fast eine Bildungsfrage und man kann ja auch schon mit einem 100 Euro Sparplanbreit streuen.
Mario Lochner: Ja, man kann ja auch mit wenig Geld in dieses Produktivkapital investieren und da zumindest einen gewissen Ausweg suchen oder?
Andreas Beck: Es geht darum: Wir haben halt eine wahnsinnige Schieflage. Auf der einen Seite hohe Vermögensstände und auf der anderen Seite hohe Schuldenstände auf dem Zinsmarkt. Ein Unternehmen, das hat eine Schieflage oder hat es nicht. Auf dem Zinsmarkt ist es wahnsinnig aufgebläht. Es gibt Unmengen an Anleihen, insgesamt Staatsanleihen, das ist nichts anderes als eine Verschuldung. Es gibt Unmengen an Altersvorsorgeansprüchen seitens, das der Bevölkerung, das ist sozusagen die Negativseite. Das anders die positive Seite. Ich werde oft gefragt, “Könnte man nicht alle Schulden einfach streichen?”. Ja, dann gibt es aber keine Altersvorsorge-Ansprüche mehr. Das, was aber es real passiert, ist eine Entwertung des Zinsmarkt, eine Entwertung der Anleihen und damit auch eine Entwertung der Ansprüche. Es ist wirklich wichtig für für junge Menschen, gerade sich dem zu entziehen. Mit der staatlichen Rentenversicherung kann man sich eh nicht entziehen, aber zumindest was man noch darüber hat, kann ich nur empfehlen, sich da nicht auch noch in diesen Euro Zinsmarkt zu begeben.
Mario Lochner: Jetzt ist die Frage. Was kann man noch als Investor lernen? Wie hast du konkret reagiert? Also, du bist ja aus dem Euro schon in gewisser weise raus. Jetzt ist die Frage wie weit muss man aus dem Euro als Investor raus? Also reicht sich dann aus der Währung, wenn man die Investoren Reserve hat, sich daraus zu verabschieden oder muss ich so gar nicht, vielleicht sogar aus europäischen Aktien verabschieden?
Andreas Beck: Also bezogen auf dem Währungsraum haben wir mal ein Video gemacht, “Raus aus dem Euro”, wo ich ausführlich begründet habe, warum wir jetzt in Schweizer Franken Staatsanleihen gehen. Kann ich empfehlen. Alles, was wir da gesagt haben, versteht man jetzt vielleicht besser, warum wir das damals gesagt haben.
Mario Lochner: Also keine Investitionsreserven Euro. Das ist wichtig, dass einmal festzuhalten.
Andreas Beck: Keinen festverzinslichen Euro und auch Inflationsindexierte Anleihen. Auf der Aktienseite ist es mehr oder weniger egal. Die Unternehmen produzieren weltweit die verkaufen weltweit sind als globale Unternehmen aktiv. Ob die jetzt ihren Sitz in Deutschland haben oder in Frankreich oder in den USA, das hat dann nur bedingten Einfluss darauf. Entweder ist das Unternehmens gut und setzt sich am Markt durch oder nicht. Natürlich ist es ein Nachteil, eine schwache Währung zu haben, weil ich größere Probleme habe, die spitzen Fachkräfte anzuziehen international. Wenn ich eine schwache Währung habe, dann habe ich auch Probleme, Zukäufe zu machen (Unternehmen aus Hartwährungsländer zuzukaufen) aber das spiegelt sich dann auch am internationalen Aktienmarkt ohnehin schon wieder, wo der Euroraum keine dominante Rolle spielt.
Mario Lochner: Das klingt nicht gut. Kommen wir zum Fazit: Es ist für den Bürger nicht so schön. Gerade für den Zinssparer wird es düster und schwieriger. Auch für unsere Volkswirtschaft wird es nicht unbedingt besser, aber man kann sich als Investor in gewisser weise noch ja ein bisschen selbst verteidigen.
Andreas Beck: Man braucht keine extremen Aktivitäten machen. Die Crash-Propheten, die verbreiteten Angst. Da sind die Euro-Crash-Propheten und die Klima-Crash-Propheten alle gleich. Die arbeiten alle mit der gleichen Methode: Sie verbreiten Angst und wenn Leute Angst haben, neigen sie dazu, irgendeinem hinterherzulaufen, der ihnen erklärt, wie die Welt funktioniert. Das ist überhaupt nicht angesagt. Man muss weder Goldmünzen kaufen oder sonst was. Man muss auch jetzt nicht unbedingt die Schweiz auswandern. Wir sind in eine Weichwährung und damit kann man leben. Auch in der Währung gilt: Die reichen werden immer reicher. Das war in Italien die letzten 40 Jahre auch nicht anders, weil da andere Investitionsstrategien vorherrschen. Der Witz ist: Eigenkapitalrentabilität schlägt immer Fremdkapitalrentabilität. Durch diese Zentralbankpolitik geht die Schere hier noch weiter auseinander und da sollte man sich halt entsprechend privat aufstellen, wenn es geht.
Mario Lochner: Vielleicht noch deine Prognose, um vielleicht den Leuten ein bisschen die Angst zu nehmen, weil man hatte das Gefühl, es geht bergab. Glaubst du, da ist jetzt eine gewisse Bremse eingezogen oder muss man sich schon darauf einstellen, ich sage jetzt mal flapsig, dass der USA Urlaub in Zukunft vielleicht noch teurer wird?
Andreas Beck: Das ist ein Phänomen von Weichwährungen, dass Urlaube immer teurer werden. Das ist halt so. Man muss ja nicht unbedingt in die USA oder die Schweiz oder nach Italien. Also Währungen schwanken und die werden auch jetzt schwanken. Das ist nicht wie in Stein gemeißelt, aber jetzt sind wir unter einem Euro bei einem Schweizer Franken. Ich weiß nicht wann, aber wir werden auch noch bei 0,8 landen. Das Leben wird genau so weiterlaufen wie bisher. Was mich halt wirklich überrascht an der ganzen Geschichte, dass es niemanden interessiert hat. Also das, was jetzt mit dem Euro gemacht wurde, seit Ursula von der Leyen und Christine Lagarde hier in Europa das Heft in der Hand haben, das hat niemanden interessiert. Während bei Draghi Sachen gemacht wurden, die vielleicht komplex waren, aber wenn ich mich damit auseinander gesetzt habe, habe ich eine gewisse Logik verstehen können, eine Ausgewogenheit und da war der Aufschrei riesig und vor allem lange. Jetzt, wo es wirklich ans Eingemachte gegangen ist, ist es völlig untergegangen in der öffentliche Diskussion.
Maio Lochner: Eine blöde Frage, aber vielleicht genau richtig: Wissen die eigentlich, was die da tun? Ist das Absicht oder wissen sie das vielleicht selber gar nicht genau? Ist vielleicht gut gemeint und die blicken die da gar nicht so durch, was sie da anrichten?
Andreas Beck: Nein, also die wissen schon, was sie tun. Aus einem gewissen Blickwinkel kann ich das auch rechtfertigen. Wenn ich glaube, dass in Zukunft eindeutig von den Bürgern gefordert wird, dass die Nationalstaaten abgeschafft werden und wir ein Staatenbund werden in Europa, dann kann man das so machen. Ich halte das aber wirklich für eine Themaverfehlung, weil ich nicht weiß, wie viel Länder bei einer Volksbefragung dafür sind, dass der Nationalstaat eingebracht wird, sozusagen in seiner Souveränität, in einem Europa, ich glaube, es gibt nicht ein Land, das dafür wäre. Insofern finde ich das so extrem abgehoben diese Strategie. Aber die Strategie fährt und es ist auch natürlich so mit diesen Eurobonds und so. Jetzt haben sie einen eigenen Haushalt, ein eigenes Geld, eine eigene Verschuldung. Das hat jetzt einen Machtzuwachs für Brüssel gebracht. Das ist das schon eine neue Welt, in der wir Leben.
Mario Lochner: Was vielleicht noch wichtig ist und viele interessiert: Bezüglich Norwegische Kronen, Schweizer Franken vielleicht noch eine Warnung von dir. Es ist auch gefährlich, mit Währungen generell zu spekulieren. Das kann schnell nach hinten losgehen. Trotzdem, wenn man es vielleicht machen will, wie mache ich das, ohne dass ich in die Schweiz fahren muss und am Schalter das Geld umtausche.
Andreas Beck: Währungsspekulation sind relativ sinnlos, weil Währungen kurzfristig schwanken. Erfolgreich bin ich bei der Geldanlage, wenn ich in Töpfen denke. Ich brauche zwei Töpfe. Einen Topf langfristig und da gibt es nichts besseres als weltweit gestreutes Produktivkapital, breites Aktienportfolio und kurzfristig darf ich keine Schwankungen haben. Dieses Geld, brauche ich falls das Auto mal kaputt geht und so. Da habe ich halt dann den Wertverlust, aber das ist nicht so schlimm, wenn ich die beiden Töpfe separat betrachtet und darauf achte in meinem Leben in meiner Arbeit, dass dieser langfristige Topf immer größer wird. Jetzt auf Währungen zu spekulieren, kann schon auch ins Auge gehen. Das würde ich wirklich nicht empfehlen. Also, was ich da gewinnen kann, ist im Verhältnis zu dem, was ich da verlieren kann, nicht so großartig. Da würde ich dann schon gleich wieder auf die Aktienseite wechseln.
Mario Lochner: Herzlichen Dank. Nicht unbedingt ein schönes aber ein wichtiges Thema und es war wie immer sehr interessant.