Zinseszinseffekt einfach erklärt
So funktioniert der Zinseszinseffekt
Patrick Obacher
16. November 2023
Jeder der sich schon einmal mit Geldanlage befasst hat, kennt und liebt ihn! Die Rede ist natürlich vom Zinseszinseffekt. Doch viele Anleger wissen häufig nicht, was dieser wirklich bewirken kann und ab wann er denn tatsächlich anfängt zu greifen. Denn klar ist, der Zinseszinseffekt ist bei 1 % Verzinsung natürlich deutlich schwächer als bei 50 % Verzinsung, um einmal ein Extrembeispiel zu nennen. In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige über den Zinseszins und wie du ihn für deinen Vermögensaufbau nutzen kannst.
Das ist der Zinseszinseffekt
Der Zinseszinseffekt ist ein wichtiger Finanzbegriff. Er bezieht sich auf die Art und Weise, wie sich Geld vermehrt, wenn es längerfristig angelegt wird. Konkret ist damit eine Ansammlung der Zinsen gemeint, die dafür sorgt, dass die nachfolgenden Zinsen immer höher werden. Das liegt daran, dass die Zinsen nicht nur auf das ursprünglich angelegte Kapital bezahlt werden, sondern auch auf die bereits darauf angesammelten Zinsen.
Dieser Umstand führt zu einem exponentiellen Wachstum des Kapitals im Laufe der Zeit. Seine volle Macht entfaltet der Zinseszinseffekt bei einer längeren Haltedauer der Investments. In 15 oder 20 Jahren kann so aus einem relativ geringen Anfangskapital ein echtes Vermögen erwachsen. Der Zinseszinseffekt kommt dabei natürlich stärker zum Tragen, wenn die erzielte durchschnittliche Jahresperformance der Investments höher ist. Dieser Effekt ist auch der Grund, weshalb es so wichtig ist, so früh wie möglich mit dem Investieren zu beginnen.
Wie der Zinseszinseffekt in der Praxis funktioniert
Wie bereits erwähnt, entwickelt sich das Kapital durch den Zinseszinseffekt exponentiell. Das bedeutet einfach ausgedrückt, dass die Kapitalentwicklung durch diesen Effekt immer schneller größer wird.
Einfaches Beispiel: Das Anfangskapital beträgt 100 €. Dabei wird eine Rendite von 10 % pro Jahr erzielt.
Aus den 100 € wurden nach dem ersten Jahr 110 €
Im zweiten Jahr sind es bereits 121 €
Im dritten Jahr 133,10 €
Noch deutlicher wird es, wenn man ein etwas höheres Anfangskapital und eine längere Haltedauer annimmt. Im nachfolgenden Beispiel siehst du, was aus 10.000 € bei 10 % Verzinsung nach 10 Jahren Haltedauer wird.
Anfangskapital: 10.000,00 Euro
Zinssatz: 10 %
Laufzeit: 10 Jahre
Endkapital: 25.937,42 Euro
Daran siehst du, dass das Kapital binnen 10 Jahren um 160 % insgesamt angewachsen ist. Viele würden nun annehmen, dass sich dieser Betrag bei weiteren 10 Jahren Haltedauer einfach verdoppelt, weil bei gleicher Verzinsung über die doppelte Zeit investiert wird. Das ist jedoch faktisch falsch. Denn hier kommt die exponentielle Kapitalentwicklung noch stärker zum Tragen.
Anfangskapital: 10.000,00 Euro
Zinssatz: 20 %
Laufzeit: 20 Jahre
Endkapital: 382,376,00 Euro
Bei einer Verzinsung von 20 % pro Jahr werden in 20 Jahren über 383.000 €! Natürlich kann die Rechnung durch Steuern etc. in der Realität etwas anders aussehen. Allerdings sind diese Faktoren individuell und unterscheiden sich auch bei verschiedenen Anlagen. Dennoch zeigen diese Beispielrechnungen, welche Macht der Zinseszinseffekt entfalten kann.
Einflussfaktoren auf den Zinseszinseffekt
Bei den verschiedenen Anlagen gibt es auch verschiedenste ökonomische Gegebenheiten, die die Auswirkungen des Zinseszinseffekts verstärken oder abschwächen können. Ein gutes Beispiel hierfür sind die derzeit steigenden Zinsen. Steigen diese, so werden auch die Zinsen bei herkömmlichen Anlagen wie Tagesgeld, Sparbüchern, Bausparverträgen oder Lebensversicherungen höher. Wenn also die Zinsen von 1 % auf 4 % ansteigen würden, kämen über 30 Jahre 32.433 € heraus statt der 13.478 € bei 1 % Verzinsung. Allerdings gibt es dabei einen wichtigen Faktor zu beachten. Nämlich die hohe Inflation.
Der versteckte Effekt der Inflation auf den Zinseszinseffekt
Im Gegensatz zum Zins hat die Inflation eine recht perfide Eigenschaft. Der Zins verändert dein Kapital sichtlich. Aus 10.000 € werden z.B. 11.000 € bei 10 % Rendite. Bei 10 % Inflation bleiben deine 10.000 € in Summe unverändert. Doch plötzlich sind sie nurmehr 9.000 € wert! Man kann also sagen, dass die Inflation eher unsichtbar vonstattengeht, sich aber über die Zeit spürbar auswirkt.
Bei 8 % Inflation p.A. entsteht über 30 Jahre ein Wertverlust von über 90 %! Auch ein Investment mit 4 % Zinsen kann diesen Wertverlust bei weitem nicht ausgleichen. Es ist zugegebenermaßen sehr unwahrscheinlich, dass eine hohe Inflation von 8 % oder 10 % über 30 Jahre anhält. Dennoch solltest du dir diesen Gedanken im Hinterkopf behalten, wenn du überlegst, in welche Anlageform du dein Geld investieren möchtest.
Berühmte Anhänger des Zinseszinseffekts
Im Grunde genommen beruht das Vermögen jedes professionellen Investors auf den Auswirkungen des Zinseszinseffekts. Dennoch gibt es 2 Persönlichkeiten, die besonders bekannt für ihre Aussagen zum exponentiellen Kapitalwachstum sind. Zum einen Albert Einstein, der einst gesagt haben soll: „Der Zinseszinseffekt ist das 8. Weltwunder“, oder auch: „Der Zinseszins ist die stärkste Kraft im Universum!“. De zweite herausragende Persönlichkeit hat dem Zinseszinseffekt ein Milliardenvermögen zu verdanken. Die Rede ist vom wohl bekanntesten Investor der Welt: Warren Buffett.
Dieser kaufte im Jahre 1941 mit gerade einmal 11 Jahren Aktien für weniger als 100 Dollar. Mit einer Durchschnittsrendite von etwa 23 % konnte er in den folgenden 80 Jahren ein Multimilliardenvermögen erschaffen! Zeitweise war er sogar einer der reichsten Menschen der Welt! Zwar hat er einen Teil seines Vermögens auch durch kluge Geschäfte erwirtschaftet, doch steckte er das verdiente Geld stets in sein Aktiendepot. Da der Zinseszinseffekt wie erwähnt über die Jahre immer stärker wirkt, ist Warren Buffetts bevorzugte Haltedauer in Aktien laut eigener Aussage „für immer“.
Den Zinseszinseffekt richtig anfeuern
Wie kurz bei Warren Buffett erwähnt, gibt es eine Möglichkeit, den Zinseszinseffekt noch zu verstärken. Die Rede ist von einer ganz einfachen Einzahlung im Rahmen eines Sparplanes, bspw. in ein Aktien- oder ETF-Depot. Eine monatliche Zahlung von 100 € kann einen gravierenden Unterschied bewirken. Nehmen wir noch einmal das Beispiel mit 10.000 € und 10 % Rendite p.A. auf 20 Jahre Haltedauer.
Anfangskapital: 10.000,00 Euro
Zinssatz: 10 %
Laufzeit: 20 Jahre
Endkapital: 67.275,00 Euro
In diesem Beispiel werden aus den 10.000 € eine stolze Summe von 67.275 Euro. Nun berechnen wir einmal eine monatliche Sparrate von 100 € ein.
Anfangskapital: 10.000,00 Euro
Sparrate: 100,00 Euro
Sparintervall: monatlich
Einzahlungsart: vorschüssig
Zinssatz: 10 %
Zinsperiode: jährlich
Laufzeit: 20 Jahre
Festlegungsfrist: 0 Jahre
Endkapital: 137.727,87 Euro
In denselben 20 Jahren kommt am Ende also eine Gesamtsumme von fast 140.000 Euro heraus. Schraubt man die Sparrate und/oder die Rendite nach oben, wird das Ergebnis natürlich noch einmal deutlich besser.
Häufig gestellte Fragen zum Zinseszinseffekt
Was ist der Zinseszinseffekt?
Der Zinseszinseffekt ist ein bekannter Finanzbegriff, der für exponentielles Kapitalwachstum steht. Dieses entsteht daraus, dass die nachfolgenden Zinsen nicht nur auf das ursprüngliche Kapital, sondern auch auf die vorangegangenen Zinsen gezahlt wird.
Wie funktioniert der Zinseszinseffekt?
Der Zinseszinseffekt funktioniert ganz einfach, indem die erhaltenen Zinsen auf das bestehende Kapital addiert werden. Im nachfolgenden Jahr werden die Zinsen dann auf das ursprüngliche Kapital UND die erhaltenen Zinsen addiert. Dadurch entsteht exponentielles Wachstum.
Wie kann man den Zinseszinseffekt verstärken?
Grundsätzlich verstärkt sich der Zinseszinseffekt über 2 Faktoren erheblich. Zum einen, über eine längere Haltedauer der Investments und zum anderen durch Einzahlung (z.B. monatlich) als Sparplan.
Bei welchen Assetklassen tritt der Zinseszinseffekt auf?
Grundsätzlich bei allen Anlagen in denen Zinsen, Dividenden oder anderweitige Renditen erzielt werden. In der Regel ist er allerdings bei gezielten Aktien- oder Fondsinvestments deutlich höher als beispielsweise am Sparbuch.