Berufsunfähigkeitsversicherung
Das musst du über die Berufsunfähigkeitsversicherung wissen
Anja Glorius
25. September 2024
Hast du dir schon einmal über eine mögliche Berufsunfähigkeit Gedanken gemacht? Den eigenen Beruf nicht mehr ausüben zu können, klingt unwahrscheinlich – ist aber ein unterschätztes Risiko: In Deutschland kann laut dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) jeder Vierte seinen Beruf aufgrund von körperlichen oder psychischen Leiden vor dem Renteneintritt nicht mehr ausüben. Tritt eine Berufsunfähigkeit ein, reichen die staatlichen Leistungen nicht aus, um deinen Lebensstandard zu sichern und finanzielle Probleme zu vermeiden. Wie dich eine Berufsunfähigkeitsversicherung schützt und ob du sie brauchst, erkläre ich dir in diesem Beitrag.
Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Deine Berufsunfähigkeitsversicherung (auch BU, BUV oder BU-Versicherung genannt) zahlt dir eine monatliche Rente aus, falls du deinem ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen kannst. Berufsunfähigkeit liegt in diesem Zusammenhang vor, wenn du in deinem letzten Beruf für wenigstens sechs Monate nicht mehr arbeiten kannst. Um Versicherungsleistungen zu erhalten, ist keine lebenslange Berufsunfähigkeit erforderlich.
Damit die Versicherung leistet, muss die Berufsunfähigkeit nicht nur mindestens sechs Monate andauern. Sie muss außerdem die sogenannte 50-Prozent-Regel erfüllen. Das bedeutet: Die Versicherung zahlt die vereinbarte BU-Rente nur, wenn du mindestens 50 Prozent deiner Leistungsfähigkeit verloren hast und zumindest die Hälfte deiner bisherigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr erledigen kannst.
Wann leistet die BU-Versicherung?
Psychische Leiden, ein Bandscheibenvorfall oder eine Krebsdiagnose – es gibt viele Erkrankungen, die dich an der Ausübung deines Berufs hindern. Musst du aufgrund des Schicksalsschlages ganz oder teilweise auf dein Einkommen verzichten, kann es finanziell brenzlich werden.
Hast du eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, musst du dir zumindest um deine finanzielle Zukunft keine Sorgen machen: Deine BU-Versicherung leistet, unabhängig davon, aus welchem Grund du berufsunfähig wirst. Deine Geldrente erhältst du, solange die Berufsunfähigkeit andauert. Kannst du dauerhaft nicht mehr in deinem Beruf arbeiten, erhältst du Leistungen bis zu einer vertraglich vereinbarten Altersgrenze.
Eine Berufsunfähigkeit kann jeden treffen. Das wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass meist Krankheiten Grund für eine Berufsunfähigkeit sind. Unfälle hingegen lösen weitaus seltener eine Berufsunfähigkeit. Die häufigsten Gründe für den Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente sind diese:
Psychische Erkrankungen – 31,9 Prozent
Erkrankungen des Bewegungsapparats – 20,3 Prozent
Krebserkrankungen – 17,8 Prozent
Herzerkrankungen – 7 Prozent
Unfälle – 8,4 Prozent
Sonstige Ursachen – 14,6 Prozent
Für wen ist eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit sinnvoll?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für dich sinnvoll, wenn du finanziell auf dein Einkommen angewiesen bist. Das trifft auf die allermeisten Erwerbstätigen zu – eine private Berufsunfähigkeitsversicherung zählt darum zu den sinnvollen Versicherungen. Ich empfehle sie allen meinen Kunden.
Ganz egal, ob du selbstständig, angestellt, Azubi, Berufsanfänger oder sehr erfahren in deinem Job bist – kannst du nicht auf ein erhebliches Vermögen zurückgreifen, ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung eine sinnvolle Investition für dich. Das wird deutlich, wenn du dir Folgendes vor Augen führst:
Steigst du im Alter von 25 Jahren in deinen Beruf ein und erzielst ein Bruttoeinkommen von 3.000 Euro, verdienst du bis zur Rente 1.512.000 Euro. Deine Arbeitskraft ist damit dein wohl wertvollster Besitz. Fällt sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls aus, stehen nur den wenigsten Menschen die finanziellen Rücklagen zur Verfügung, um diesen Verlust auszugleichen. Im Vergleich dazu: Dein Auto ist 60.000 Euro wert – deine Vollkaskoversicherung kommt für alle Schäden auf. Dein Auto ist damit oft besser geschützt als deine um ein Vielfaches wertvollere Arbeitskraft.
Für wen lohnt sich eine BUV nicht?
Bist du als Beamtin oder als Beamter tätig, hast du im Falle einer Berufsunfähigkeit Anspruch auf ein Ruhegehalt. Nur dann, wenn dein Anspruch auf Ruhegehalt geringer ist als deine Lebenshaltungskosten, solltest du über eine Dienstunfähigkeitsversicherung (eine BU für Beamte) nachdenken. Bist du Beamtin auf Probe oder Widerruf, ist eine Dienstunfähigkeitsversicherung ebenfalls sinnvoll. Schließlich hast du noch keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt.
Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Was deine BU-Versicherung kostet, lässt sich pauschal nicht sagen. Schließlich hängen die Beiträge von mehreren Faktoren ab. Folgende Punkte beeinflussen dabei die Beitragshöhe:
dein Alter beim Abschluss des Versicherungsvertrags
die Höhe der gewünschten Rentenzahlung
das Alter, bis zu dem du eine Absicherung deiner Arbeitskraft wünschst
dein Gesundheitszustand bei Vertragsschluss
besondere Risiken (etwa riskante Hobbys)
BU: Wann und in welcher Höhe abschließen?
Schließt du eine Berufsunfähigkeitsversicherung bereits frühzeitig (zum Beispiel in deinen 20ern während des Studiums) ab, profitierst du von günstigeren Beiträgen. Welche BU-Rentenhöhe du dabei vereinbarst, ist von deinen laufenden Kosten abhängig. Die Rente sollte ausreichen, um dir bei Wegfall deines Arbeitseinkommens einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen.
Welche Alternativen zur BU-Versicherung gibt es
Überlegst du, ob du dir die monatlichen Kosten für eine BU-Versicherung sparen kannst? Mit diesem Gedanken bist du nicht allein. Allerdings gibt es kaum echte Alternativen zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Infrage kommen folgende Optionen:
Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente
Geld sparen und Vermögen aufbauen
Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente als BU-Alternative
Sofern du in den letzten fünf Jahren für mindestens 36 Monate in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hast, erhältst du im Falle einer Berufsunfähigkeit eine staatliche Rente. Bedenke jedoch bitte: Im Jahr 2021 betrug diese gesetzliche Erwerbsminderungsrente durchschnittlich nur 877 Euro monatlich. Dieser Betrag reicht den allermeisten Menschen nicht, um ihre laufenden Kosten zu decken.
Wichtig zu wissen ist zudem: Eine Erwerbsminderungsrente erhältst du nur, wenn du in keinem Beruf zumindest drei Stunden täglich arbeiten kannst. Arbeitest du aktuell beispielsweise als Abteilungsleiterin, gehst du bei der Erwerbsminderungsrente leer aus, wenn du aufgrund deiner gesundheitlichen Beschwerden einen anderen Beruf mit niedrigeren Bezügen ausüben könntest. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente stellt daher nur in wenigen Fällen eine Alternative zur BU dar.
Geld sparen und Vermögen aufbauen
Du hast schon einmal mit dem Gedanken gespielt, den Beitrag für eine BU-Versicherung zu sparen und ihn für den Fall einer Berufsunfähigkeit selbst zur Seite zu legen. Die Idee scheint verlockend – geht aber nur auf, wenn du erst gegen Ende deines Berufslebens berufsunfähig wirst. Kannst du in jüngeren Jahren nicht mehr arbeiten, reichen die Ersparnisse nicht aus, um den Ausfall deines Einkommens zu kompensieren.
Bedenke außerdem: Der finanzielle Schaden, der durch den Wegfall deines Arbeitseinkommens entsteht, ist immens. Selbst, wenn du deinen Lebensunterhalt aus Erspartem bestreiten kannst, bleibt oft nicht genügend Geld übrig, um Rücklagen für schlechte Zeiten oder das Alter zu bilden.
Das gibt es beim Versicherungsabschluss zu beachten
Bevor du eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, denke daran, die Angebote verschiedener Anbieter miteinander zu vergleichen. Achte auf folgende wichtige Punkte:
BU-Rente hoch genug ansetzen
Lege die Höhe deiner BU-Rente so fest, dass du damit alle laufenden Kosten decken kannst. Zu den laufenden Kosten zählen deine Ausgaben für Wohnung, den Unterhalt deiner Familie, Lebensmittel und Versicherungen. Ich empfehle dir, die Rente so zu wählen, dass sie 80 Prozent deines Nettoeinkommens entspricht.
Auf einen verlässlichen Versicherer setzen
Im Falle einer Berufsunfähigkeit ist ein verlässlicher Versicherer wichtig, der dir eine BU-Rente zügig und zuverlässig auszahlt. Hilfe bei der Auswahl eines passenden Anbieters findest du bei deinem Versicherungsmakler oder hier.
Rechtsschutz und Krankentagegeld als Ergänzung
Es gibt zwei Versicherungsarten, deren Abschluss zusätzlich zur BU-Versicherung sinnvoll ist: die Rechtsschutzversicherung und das Krankentagegeld.
Die Rechtsschutzversicherung ist sinnvoll, falls dein Versicherer deinen Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente ablehnt. Nach Angaben des Versicherungsverbands GDV kommt es bei rund 20 Prozent der BU-Anträge zu einer Ablehnung. Deine Rechtsschutzversicherung übernimmt in diesem Fall die Gerichts- und Anwaltskosten. Das erleichtert dir, deine Leistungsansprüche gegenüber dem Versicherer durchzusetzen. Achte in diesem Zusammenhang darauf, BU- und Rechtsschutzversicherung bei unterschiedlichen Anbietern abzuschließen.
Die Krankentagegeldversicherung zahlt dir eine vereinbarte Summe, falls du aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht arbeiten kannst. Ihr Abschluss zusätzlich zur BU ist sinnvoll, da es einige Zeit dauert, bis deine Berufsunfähigkeit ärztlich festgestellt ist. Bis dahin erhältst du noch keine BU-Rente. Den Zeitraum bis zur Feststellung der Berufsunfähigkeit und bis zur Rentenzahlung überbrückst du mit dem Krankentagegeld.
Nachversicherungsmöglichkeiten und Leistungsdynamik
Falls deine Berufsunfähigkeit länger andauert, muss deine Rente in 20 oder mehr Jahren noch zum Leben ausreichen. Ich empfehle, einen Tarif zu wählen, bei dem die Rentenhöhe durch Leistungsdynamiken und >Nachversicherungsgarantien nachträglich anpassbar ist. So stellst du sicher, dass deine BU-Rente ausreicht, falls sich deine Lebensumstände ändern und die Kosten für deinen Lebensunterhalt mit der Zeit steigen.
Bei manchen BU-Tarifen ist vorgesehen, dass der Versicherer die Rentenzahlung verweigert, falls du einen anderen Beruf als deinen aktuellen ausüben kannst – dieses Vorgehen nennt sich „abstrakte Verweisung“. Dabei kommt es nicht darauf an, ob du tatsächlich eine solche Anstellung findest. Für dich als Versicherten stellt die abstrakte Verweisung ein Risiko dar. Achte darauf, dass dein Tarif keine solche Klausel enthält, sodass du im Falle einer Berufsunfähigkeit nicht ohne Job und Geld dastehst.
Keine abstrakte Verweisung
Falls deine Berufsunfähigkeit länger andauert, muss deine Rente in 20 oder mehr Jahren noch zum Leben ausreichen. Ich empfehle, einen Tarif zu wählen, bei dem die Rentenhöhe nachträglich anpassbar ist. So stellst du sicher, dass deine BU-Rente ausreicht, falls sich deine Lebensumstände ändern und die Kosten für deinen Lebensunterhalt mit der Zeit steigen.
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Häufig gestellte Fragen zur Berufsunfähigkeitsversicherung
Was ist eine BU?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (kurz BU) zahlt dir eine monatliche Rente, wenn du deinem Beruf aufgrund von Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr nachgehen kannst.
So kompensiert die Versicherung den Ausfall deines Lohns bzw. Gehalts.
Wie sinnvoll ist eine BU?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für alle Menschen sinnvoll, die auf ihr Arbeitseinkommen angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Ernstfall sichert die Versicherung deine finanzielle Existenz.
Greift die Berufsunfähigkeitsversicherung bei chronischen Krankheiten oder Vorerkrankungen?
Hast du bereits vor Abschluss deiner BU-Versicherung chronische Krankheiten oder Vorerkrankungen, wird bei Vertragsabschluss einen Leistungsausschluss vereinbart. Tritt die Berufsunfähigkeit später aufgrund der chronischen Krankheit oder Vorerkrankung ein, muss der Versicherer keine BU-Rente zahlen.
Wird die Rente der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Erwerbsminderungsrente angerechnet?
Nein, du erhältst deine private BU-Rente zusätzlich zur Erwerbsminderungsrente.