Erwerbsminderungsrente
Erwerbsminderungsrente: Wer bekommt eine Rente bei Erwerbsminderung?
Anja Glorius
28. Februar 2025

Du hattest einen Unfall, leidest unter psychischen Problemen oder kannst aus vergleichbaren gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr arbeiten? In solchen Notfällen kannst du von der Deutschen Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente (kurz: EM-Rente) erhalten. Unter welchen Voraussetzungen du Anspruch auf die EM-Rente hast und warum es sinnvoll ist, den Anspruch durch eine private Vorsorge zu ergänzen, erfährst du hier.
Das Wichtigste auf einen Blick
EM-Rente erhält, wer dauerhaft nicht arbeiten kann: Einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrentente hast du nur dann, wenn du dauerhaft – und nicht nur vorübergehend – zu krank zum Arbeiten bist
EM-Rente ist variabel und oft gering: Wie viel Erwerbsminderungsrente du erhältst, hängt davon ab, ob beziehungsweise wie lange du noch arbeiten kannst und wie hoch die Rentenansprüche sind, die du bereits gesammelt hast. Oft sind die Ansprüche jedoch gering, sodass die Rente nicht zum Leben ausreicht. Das finanzielle Risiko kannst du durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abfangen
Nicht jeder hat einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente: Um Erwerbsminderungsrente erhalten zu können, musst du zuvor für zumindest fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen
Wer erhält Erwerbsminderungsrente?
Du hast starke Rückenprobleme, leidest unter Burn-out oder hattest einen folgenschweren Autounfall? Kannst du aufgrund solcher oder vergleichbarer Gesundheitsprobleme dauerhaft nicht mehr arbeiten, springt die Deutsche Rentenversicherung ein und zahlt dir eine Erwerbsminderungsrente. Die Erwerbsminderungsrente – kurz auch EM-Rente genannt – ersetzt dein Arbeitseinkommen zumindest teilweise.
Um EM-Rente von der Rentenversicherung zu erhalten, musst du im Wesentlichen folgende Bedingungen der Erwerbsminderung erfüllen:
Dein Gesundheitszustand lässt es aufgrund einer Behinderung oder Krankheit nicht zu, dass du sechs Stunden täglich arbeitest
Du hast mindestens fünf Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt
In den vergangenen fünf Jahren hast du mindestens drei Jahre lang Pflichtbeiträge eingezahlt
Du hast das reguläre Rentenalter (aktuell Vollendung des 67. Lebensjahres) noch nicht erreicht
Volle oder Teilerwerbsminderungsrente?
Die Rentenversicherung zahlt die bis 2001 auch Erwerbsunfähigkeitsrente genannte EM-Rente als volle oder Teilerwerbsminderungsrente aus. Welcher Rentenanspruch dir im Fall einer Erwerbsminderung zusteht, hängt von deinem verbliebenen Leistungsvermögen ab:
Bis du nur noch dazu in der Lage, weniger als drei Stunden täglich zu arbeiten, erhältst du die volle Erwerbsminderung
Bist du dazu in der Lage, mindestens drei, aber weniger als sechs Stunden pro Tag zu arbeiten, erhältst du Teilerwerbsminderungsrente
Volle Erwerbsminderungsrente trotz verbliebener Leistungsfähigkeit?
In Einzelfällen kann es vorkommen, dass Menschen, die aufgrund von Behinderung oder Krankheit drei bis weniger als sechs Stunden täglich arbeiten könnten, volle Erwerbsminderungsrente erhalten. Das kann dann der Fall sein, wenn die betroffene Person bereits erwerbslos war und aufgrund ihrer geringen Belastbarkeit kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.
Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente im Detail
Die Voraussetzungen für den Erhalt einer Erwerbsminderungsrente sind im Detail in § 43 SGB VI (Sozialgesetzbuch) geregelt. Aus der Vorschrift ergeben sich folgende Grundvoraussetzungen für die Erwerbsminderung:
Du kannst weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten
Die Deutsche Rentenversicherung zahlt die volle Erwerbsminderungsrente nur dann aus, wenn du aus gesundheitlichen Gründen maximal drei Stunden täglich dazu in der Lage bist, zu arbeiten.
Wichtig zu wissen: Dabei kommt es nicht auf deinen aktuellen oder erlernten Beruf an. Die Rentenversicherung prüft vielmehr, ob du irgendeiner Tätigkeit für mindestens drei Stunden nachgehen kannst. Ist das nicht der Fall, kannst du – sofern die übrigen Voraussetzungen für Erwerbsminderung erfüllt sind – Erwerbsminderungsrente erhalten.
Kannst du zwischen drei und sechs Stunden pro Tag irgendeiner Arbeit nachgehen, erhältst du die halbe Erwerbsminderungsrente. Gleichzeitig erwartet die Rentenversicherung, dass du einen Teilzeitjob annimmst, um deinen Lebensunterhalt – unter Einbeziehung der halben Erwerbsminderungsrente – zu finanzieren.
Bist du vor dem 2. Januar 1961 geboren, profitierst du von einer Sonderregelung: Du kannst eine teilweise Erwerbsminderungsrente auch dann erhalten, wenn du in deinem erlernten beziehungsweise zuletzt ausgeübten Beruf weniger als sechs Stunden pro Tag arbeiten kannst. Die Rentenversicherung kann dich dann auf eine gleichwertige, nicht aber auf jede beliebige Tätigkeit verweisen.Du bist jünger als 67 Jahre
Hast du bereits das reguläre Rentenalter erreicht, hast du keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Dein Anspruch auf Altersrente schließt den Anspruch auf Erwerbsminderungsrente aus.Du hast mindestens fünf Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt
Um Erwerbsminderungsrente zu erhalten, musst du mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass du fünf Jahre am Stück eingezahlt hast. Außerdem musst du in den letzten fünf Jahren vor der Antragsstellung auf Erwerbsminderung mindestens drei Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt haben. Auch die diese drei Jahre müssen kein zusammenhängender Zeitraum sein. Diese Einzahlungszeiträume werden auch Wartezeit genannt.
Der Grundsatz „Reha vor Rente“
Rund um die Erwerbsminderungsrente gilt der Grundsatz „Reha vor Rente“. Das bedeutet, dass die Rentenversicherung prüft, ob deine Erwerbsfähigkeit durch Reha-Maßnahmen wiederherstellbar ist. Ist das der Fall, bist du verpflichtet, die Rehabilitationsmaßnahme in Anspruch zu nehmen. Dabei können auch Umschulungsmaßnahmen, die dich für ein anderes Tätigkeitsfeld qualifizieren, als Reha-Maßnahmen gelten.
Während der Reha-Maßnahme oder Umschulung erhältst du sogenanntes Übergangsgeld von der Rentenversicherung.
Die Wartezeit für die Erwerbsminderungsrente
Erwerbsminderungsrente erhältst du nur, wenn du eine fünfjährige Mindestversicherungszeit in der Deutschen Rentenversicherung erfüllst. Diese Mindestversicherungszeit wird auch „allgemeine Wartezeit“ genannt. Zur Wartezeit zählen Zeiten, in denen du in einem Angestelltenverhältnis gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt hast. Ferner zählen folgende weitere Zeiten zur allgemeinen Wartezeit:
Zeiten, in denen du Arbeitslosengeld I, Krankengeld oder Übergangsgeld erhalten hast
Zeiten, in denen du Arbeitslosengeld II erhalten hast, zählen nur in den Jahren 2005 bis 2010
Zeiten, in denen du Grundwehr- oder Zivildienst abgeleistet hast
rentenrechtlich relevante Zeiten der Kindererziehung oder häuslichen Pflege
politische Verfolgung in der DDR
im Falle einer Scheidung werden Geldbeträge aus dem Versorgungsausgleich in Wartezeitmonate umgerechnet und mitgezählt
Zeiten, in denen du freiwillig Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hast
Erwerbsminderungsrente für Selbstständige?
Zählst du zu denjenigen, die trotz Selbstständigkeit in der Deutschen Rentenversicherung pflichtversichert sind (beispielsweise Handwerker), zahlst du in die Versicherung ein und hast bei Erfüllung der Wartezeit einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente.
Bist du als Selbstständiger oder Freiberufler hingegen nicht pflichtversichert, kannst du selbst entscheiden, ob du in die Rentenversicherung einzahlst oder nicht. Entscheidest du dich dagegen, hast du keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Sinnvollerweise solltest du dann mit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung vorsorgen, um im Fall einer Erwerbsminderung nicht ungeschützt zu sein.
Wie viel Erwerbsminderungsrente bekommst du?
Wie hoch deine Erwerbsminderungsrente ausfällt, hängt von deinem individuellen Rentenanspruch ab. Das bedeutet: Wie hoch deine Erwerbsminderungsrente ausfällt, hängt davon ab, wie lange du bereits in die Rentenversicherung eingezahlt hast. Darüber hinaus spielen die Zahl deiner gesammelten Entgeltpunkte und dein Alter eine Rolle. Wie hoch deine volle Erwerbsminderungsrente ausfallen würde, teilt dir die Rentenversicherung in der jährlich übersandten Renteninformation mit.
Zur Orientierung kann gesagt werden: Die durchschnittlich ausgezahlte Erwerbsminderungsrente fällt eher niedrig aus. 2021 bekamen Bezieher der vollen Erwerbsminderungsrente durchschnittlich etwa 868 Euro monatlich ausgezahlt.
Die EM-Rente ist 2024 gestiegen
Ab dem 1. Juli 2024 ist die Erwerbsminderungsrente gestiegen: Wer sie bis Juni 2014 bewilligt bekommen hat, erhält einen Zuschlag von 7,5 Prozent. Wer zwischen Juli 2014 und Dezember 2018 in EM-Rente gegangen ist, erhält 4,5 Prozent mehr.
So beantragst du EM-Rente
Erwerbsminderungsrente kannst du im siebten Monat deiner Erwerbsminderung beantragen. Vorher bekommst du Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse. Deinen Antrag auf EM-Rente richtest du direkt an die Deutsche Rentenversicherung. Um die Rente erhalten zu können, musst du der Rentenversicherung Folgendes mitteilen und folgende Unterlagen vorlegen:
Namen und Anschriften deines Arztes beziehungsweise deiner Ärzte
Beschreibung der Beeinträchtigungen, die zur Erwerbsminderung führen
Informationen zu Krankenhaus- und/oder Reha-Aufenthalte
Angaben zu deinen bisherigen beruflichen Tätigkeiten
Erforderliche Unterlagen und Formulare findest du auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung.
Wie lange bekommst du Erwerbsminderungsrente?
Erwerbsminderungsrente kannst du ab dem siebten Monat einer Erwerbsminderung erhalten. Ab diesem Zeitpunkt wird die EM-Rente für einen bestimmten Zeitraum bewilligt. Kannst du auch nach Ende des Bewilligungszeitraums weiterhin nicht arbeiten, kannst du einen Folgeantrag stellen. Längstens erhältst du die EM-Rente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Ab diesem Zeitpunkt bekommst du die reguläre Altersrente.
Erwerbsminderungsrente und Hinzuverdienst
Reicht die Erwerbsminderungsrente nicht aus, um deinen Lebensunterhalt zu bestreiten, darfst du etwa hinzuverdienen. Dabei musst du Folgendes beachten:
Du darfst täglich für deinen Zuverdienst nicht länger arbeiten als du laut deiner Erwerbsminderung kannst. Das bedeutet, dass du bei voller Erwerbsminderung maximal drei Stunden und bei halber Erwerbsminderung sechs Stunden pro Tag arbeiten darfst
Erhältst du volle Erwerbsminderungsrente, darfst du maximal 17.823,75 Euro jährlich hinzuverdienen. Geht dein Verdienst darüber hinaus, wird er zu 40 Prozent von der Rente abgezogen. Erhältst du die halbe Erwerbsminderungsrente, wird deine Hinzuverdienstgrenze individuell berechnet, liegt aber bei mindestens 35.647,50 Euro im Jahr
Beachte außerdem, dass deine Erwerbsminderungsrente plus Hinzuverdienst nicht höher sein dürfen als dein höchstes Jahreseinkommen der letzten 15 Jahre. Andernfalls wird deine Rente um den Überschuss gekürzt.
Erwerbsminderungsrente
Erwerbsminderungsrente durch private Vorsorge aufstocken
Bist du auf Erwerbsminderungsrente angewiesen, stellt das eine finanzielle Verschlechterung im Vergleich zu deinem bisher erzielten Einkommen dar. Beziehst du EM-Rente, ist es dir nicht möglich, deinen bisherigen Lebensstandard allein mithilfe der Rentenzahlung zu halten. Noch härter trifft dich die Erwerbsminderung, wenn du selbstständig tätig oder Freiberufler bist: Hast du nicht freiwillig in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt, erhältst du keinerlei Leistungen.
Allerdings hast du die Möglichkeit, als Selbstständiger oder Freiberufler für eine Erwerbsminderung vorzusorgen bzw. deine EM-Rente als Angestellter aufzustocken. Möglich wird das durch den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung – kurz BU – zahlt (anders als die Rentenversicherung) bereits dann, wenn du deinen aktuellen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Du musst also nicht zwingend jeden anderen Job annehmen. Vielmehr erhältst du die im Rahmen der BU-Versicherung vereinbarten Leistungen bereits dann, wenn du deinen bisherigen Beruf nur noch zu höchstens 50 Prozent ausüben kannst.
Die EM-Rente sichert deinen Lebensstandard nicht
Kannst du aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten und hast mindestens fünf Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, kannst du Erwerbsminderungsrente erhalten. Allerdings reicht die Erwerbsminderungsrente, die dir die Rentenkasse auszahlt, meist nicht aus, um deinen Lebensstandard zu halten.
Um dich finanziell abzusichern, solltest du dich daher für eine Berufsunfähigkeitsversicherung entscheiden, um für den Ernstfall vorzusorgen. Die Beiträge, die du gemeinsam mit deinem Arbeitgeber einzahlst, werden vom Versicherer langfristig für dich angelegt – bei der fondsgebundene Direktversicherungen erfolgt eine Investition in Investmentfonds. Außerdem können viele Direktversicherungen um Zusatzbausteine wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder Hinterbliebenenschutz erweitert werden.
Häufig gestellte Fragen zur Erwerbsminderungsrente
Bei welchen Krankheiten steht mir eine Erwerbsminderungsrente zu?
Erwerbsminderungsrente kannst du immer dann erhalten, wenn du aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht arbeiten kannst. Die zugrundeliegenden Einschränkungen können körperlicher oder psychischer Natur sein. Besonders oft wird Erwerbsminderungsrente aufgrund von Depressionen und vergleichbaren psychische Erkrankungen, Krebserkrankungen und Einschränkungen des Bewegungsapparats gezahlt.
Wann wird die Erwerbsminderungsrente erhöht?
Ab dem 1. Juli 2024 wird die EM-Rente für Menschen, die schon seit spätestens 2018 Erwerbsminderungsrente beziehen, erhöht.
Wie lange muss man krank sein, um Erwerbsminderungsrente zu bekommen?
EM-Rente kannst du beziehen, wenn du dauerhaft und aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage bist, zu arbeiten. Die Rente kannst du ab dem siebten Monat deiner Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung erhalten.