Was sind Zertifikate?
Zertifikate verständlich erklärt
Patrick Obacher
12. Dezember 2023
Zertifikate sind Wertpapiere, die jedoch im Gegensatz zu Aktien in Deutschland deutlich weniger bekannt sind. Im Grunde sind sie Derivate, was bedeutet, dass sich ihre Wertentwicklung am Wert eines Basiswertes (bspw. einer Aktie) orientiert. Im Gegensatz zu einem ETF, bei dem die ausgebende Gesellschaft häufig auch tatsächlich die enthaltenen Aktien besitzt, ist das bei Zertifikaten nicht der Fall. Daher bergen Zertifikate einige Tücken und Risiken. Aber es gibt auch Chancen, weswegen wir die - recht komplizierte - Welt der Zertifikate in diesem Artikel für dich aufschlüsseln.
Was sind Zertifikate?
Ein Zertifikat ist ein Finanzinstrument, das beispielsweise von einer Bank oder einer Investmentgesellschaft ausgegeben wird und den Wert eines oder mehrerer Vermögenswerte repräsentiert. Diese Vermögenswerte können Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Devisen oder andere Anlageklassen sein. Rechtlich gesehen ist ein Zertifikat eine Schuldverschreibung des herausgebenden Instituts. Damit gehen einige spezielle Risiken einher, auf die wir später noch eingehen werden.
Mit einem Zertifikat können Anleger an der Kursentwicklung des zugrunde liegenden Vermögenswerts teilhaben, ohne diesen physisch zu besitzen. Dabei gibt es jedoch eine große Vielfalt verschiedener Zertifikate. Von Bonus- über Hebel-, Knockout oder Discountzertifikate, um nur einige zu nennen. Anleger können mit Zertifikaten praktisch Wetten auf die Kursentwicklung des Basiswertes platzieren, um es einfach auszudrücken.
Dabei kann sowohl an steigenden als auch an fallenden Kursen verdient werden, sofern man das richtige Zertifikat ausgewählt hat. Allerdings gibt es keine Dividenden, falls beispielsweise eine als Basiswert fungierende Aktie solche ausschüttet. Zertifikate haben in der deutschen Anlegerkultur eine deutlich geringere Beliebtheit als Aktien, Anleihen oder auch Futures und man kann sagen, dass sie nur für sehr erfahrene Anleger geeignet sind.
Die wichtigsten Arten von Zertifikaten im Überblick
Vergleicht man Zertifikate mit Aktien, so wird sehr schnell deutlich, dass erstere deutlich komplizierter aufgebaut sind. Aktien funktionieren grundsätzlich alle gleich, auch wenn man sie häufig unterteilt, beispielsweise in Value- oder Growth-Aktien. Doch bei Zertifikaten gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Arten, die zudem auch sehr unterschiedlich in ihrer Funktionsweise sein können.
Wichtige Arten von Zertifikaten:
Partizipationszertifikate
Diese Zertifikate ermöglichen es Anlegern, an der Preisentwicklung des zugrunde liegenden Vermögenswerts zu partizipieren. Wenn der Wert des Basiswerts steigt, steigt auch der Wert des Zertifikats. Fällt der Wert des Basiswerts, so fällt auch der Kurs des Zertifikats.
Indexzertifikate
Indexzertifikate Indexzertifikate sind an die Wertentwicklung verschiedener Indizes wie beispielsweise dem DAX oder dem S&P 500 gebunden. Sie bieten eine Möglichkeit, in einen breiten Markt zu investieren, ohne alle Einzelwerte kaufen zu müssen. Jedoch sollten sie an dieser Stelle nicht mit ETFs verwechselt werden. Denn diese sind - sofern sie physisch repliziert werden - tatsächliche Nachbildungen des betreffenden Index, wobei die ausgebende Gesellschaft alle Aktien auch tatsächlich hält. Dadurch haben diese im Gegensatz zum Indexzertifikat kein Emittentenrisiko.
Bonuszertifikate
Bonuszertifikate kombinieren die Teilhabe an der Preisentwicklung eines Vermögenswerts mit einer festen Bonuszahlung. Diese Zertifikate bieten begrenztes Aufwärtspotenzial, erhöhen jedoch die Rendite durch den Bonus. Somit gehören Bonuszertifikate zu den eher weniger riskanten Zertifikaten.
Discountzertifikate
Bei Discountzertifikaten wird der zugrunde liegende Vermögenswert zu einem Preis unter dem aktuellen Marktpreis gekauft. Der Anleger profitiert von einem möglichen Kursgewinn des Basiswerts und erhält die Differenz als Gewinn.
Kapitalschutzzertifikate
Kapitalschutzzertifikate bieten eine gewisse Sicherheit für das investierte Kapital. Ein Teil des Kapitals ist geschützt, während der verbleibende Teil an der Preisentwicklung des Vermögenswerts partizipiert.
Knockoutzertifikate
Knockoutzertifikate sind Hebelzertifikate mit einem festgelegten Knockout-Niveau. Wenn der Preis des zugrunde liegenden Basiswerts dieses Niveau erreicht, wird das Zertifikat automatisch wertlos. Das Zertifikat hat sozusagen einen integrierten Stop Loss.
Hebelzertifikate
Hebelzertifikate haben, wie es der Name schon vermuten lässt, einen Hebel. Liegt der beispielsweise bei x10 und der Kurs des Basiswerts bewegt sich um 1 %, so bewegt sich der Kurs des Zertifikats um 10 %. Nur zu gerne vergessen Anleger jedoch, dass der Hebel in beide Richtungen funktioniert. Hebelzertifikate sind also ein absolutes Profiinstrument, das von Anfängern gemieden werden sollte.
Short-Zertifikate
An der Börse sind Marktphasen mit fallenden Kursen unabwendbar. Selbst der beste Markt wird eines Tages einen Abverkauf erleiden. Short-Zertifikate ermöglichen es Anlegern, von fallenden Kursen zu partizipieren. Einfach erklärt bedeutet das, sinkt der Kurs des Basiswerts um 10 % so steigt der Wert des Zertifikats um 10 %.
Bei Short-Zertifikaten auf Aktien und Indizes ist jedoch äußerste Vorsicht geboten. Da Aktienmärkte langfristig steigen, können Short-Zertifikate langfristig gesehen nur verlieren. Temporär können sie jedoch sehr viel Geld in kurzer Zeit gewinnen, da Abwärtsbewegungen meist mit höherer Dynamik als steigende Märkte einhergehen. Bei diesen Zertifikaten ist es also besonders wichtig zu wissen, wann der Zeitpunkt zum Verkaufen gekommen ist.
Risiken von Zertifikaten
Wie bereits angeschnitten, haben Zertifikate - neben den herkömmlichen Risiken von Wertpapieren wie z.B. Kursschwankungen- einige spezielle Risiken, die in der Form bei vielen anderen Wertpapieren nicht vorkommen. Neben den spezifischen Risiken, die zum Beispiel die erwähnten Hebelzertifikate mit sich bringen, gibt es ein Risiko, das in Anlegerkreisen besonders gefürchtet ist. Dieses nennt sich das "Emittentenrisiko".
Einfach erklärt bedeutet das: Wenn die Bank, die dein Zertifikat herausgegeben hat, pleitegeht, fällst du um dein gesamtes investiertes Kapital um. Ohne dass sich der Kurs des Basiswerts negativ verändert haben muss! Das ist deshalb der Fall, weil Zertifikate eben Schuldverschreibungen der herausgebenden Bank sind. Aktien und physisch replizierte ETFs gehören in diesem Fall zum Sondervermögen und sind geschützt.
Das Emittentenrisiko erlangte vor allem im Jahre 2008 große Bekanntheit. Zuvor war es eher unbekannt. Damals ging im Zuge der Finanzkrise die große Investmentbank "Lehman Brothers" pleite. Damit verloren alle Anleger, die von diesem Institut herausgegeben Zertifikate hielten, das gesamte Geld.
Häufig gestellte Fragen zu Zertifikaten
Was sind Zertifikate?
Zertifikate sind Wertpapiere, genauer gesagt Schuldverschreibungen, die beispielsweise eine Bank herausgibt. Ihr Wert orientiert sich wiederum am Wert eines Basiswerts, beispielsweise einer Aktie oder einem Index.
Was ist der Unterschied zwischen Aktien und Zertifikaten?
Aktien vergeben gewisse Rechte, wie Stimmrechte und machen den Inhaber zum Mitbesitzer eines Unternehmens. Zertifikate sind eigentlich Derivate, ihr Wert orientiert sich an einem Basiswert, sie sind allerdings reine Schuldverschreibungen.
Wie risikoreich sind Zertifikate?
Zertifikate haben einige Risiken, die andere Wertpapiere nicht haben. Besonders gefürchtet ist dabei das Emittentenrisiko. Dieses kann dafür sorgen, dass ein Totalverlust entsteht, wenn die Bank, die das Zertifikat herausgibt, pleitegeht.